Schon Anfang Januar 2020, bevor uns Corona in unseren ExifCafé-Aktivitäten massiv einschränkte, hatten wir bereits einen Besuchstermin der Ausstellung „GOLD“ von Sebastião Salgado in der Galerie Bene Taschen in Köln abgesprochen.
Neben den persönlichen Corona-Kontaktbeschränkungen wurden unter anderem auch alle Ausstellungen und Galerien geschlossen. Wir alle wissen, dass das Corona-Virus auch heute noch nicht durch einen geeigneten Impfstoff bekämpft werden kann, dennoch haben die Mitglieder des ExifCafés die Lockerungen der Corona-Regeln mit vorsichtiger Freude registriert. Dabei haben wir auch gehofft, dass der ursprünglich festgelegte und bereits verstrichene Ausstellungszeitraum vom 07. Februar bis 09. Mai 2020 verlängert würde.
Und genauso war es! Diese Ausstellung wurde nach der Bekanntgabe, dass Museen und Galerien unter Einhaltung von Regeln wieder öffnen dürfen, bis zum 27. Juni verlängert! Um kein Risiko einzugehen, dass uns Corona durch einen Rückfall noch einmal unser Vorhaben lahmlegt, haben wir einen kurzfristigen Besuchstermin umgesetzt und standen am Samstag, den 30.05. pünktlich um 11.00 Uhr zur Öffnungszeit vor der Galerie Bene Taschen in Köln.
Die Galerie Bene Taschen in der Kölner Moltkestraße ist schon etwas speziell. In der Häuserzeile in der Moltkestraße ist die Galerie nicht zu erkennen. Über einen 20 m langen Durchgang zwischen zwei Häusern gelangt man vor ein großes Metalltor, hinter dem sich nach ein paar weiteren Metern der Eingang der Galerie befindet. Das Haus ist älteren Baujahrs, die Wände der Ausstellungsräume sind glatt und weiß aufgearbeitet, an den ebenfalls weißen Raumdecken kann man jedoch das stattliche Alter erkennen, dort sind auch viele Kabel und Leitungen sichtbar verlegt. Dennoch sind die Räumlichkeiten der Galerie interessant und gut für Ausstellungen geeignet, zumal im Innenraum auch noch einzelne Stützpfeiler stehen, die ebenfalls zur Präsentation der Bilder genutzt werden.
Wir wurden sehr freundlich empfangen, nach Registrierung und Einhaltung der Maskenpflicht war der Weg zur Ausstellung geöffnet. Dort folgte nur noch anerkennendes Nicken und Staunen zu den Bildern von Sebastião Salgado. Kritik oder einschränkende Anmerkungen? Fehlanzeige! Wenn eine Klassifizierung genannt werden müsste, kann nur „perfekt“ genannt werden.
Gezeigt wurden ca. 30 ausgesuchte Schwarz/Weiß-Arbeiten (silver gelatin print), schwarz gerahmt, in unterschiedlichen Größen, bis zum Format 130 x 180 cm. Warum auch immer, stand in einem Ausstellungsraum unter den präsentierten „GOLD“-Exponaten eine Salgado-Fotografie „Iceberg between the Paulet Island and the South Shetland Islands, Antarctica“ aus dem Jahr 2005 in der Größe 127 x 172 cm. Vielleicht ein bereits verkauftes Bild oder ein Hinweis darauf, dass sich Sebastião Salgado in vielen Themenbereichen fotografisch bewegt und jeweils außergewöhnliche Fotografien erstellt.
Die Aufnahmen zur Ausstellung „GOLD“ stammen aus dem Jahr 1986, sie wurden von Salgado in der Gold Mine of Serra Pelada, Para, Brasilien fotografiert. Wohlgemerkt: Alles Fotos aus analogen Zeiten, in denen es keine sofortige Kontrolle des soeben aufgenommenen Motivs auf dem Display gab. Die Körnigkeit der teilweise stark vergrößerten Schwarz/Weiß-Aufnahmen unterstreicht die Dynamik und Dramatik der Szenen, zeigt das Geschehen jedoch bis ins kleinste Detail. Selten sieht man solche eindrucksvollen Bilder, die lange im Gedächtnis bleiben.
Sebastião Salgado, selbst 1944 in Aimorés, Brasilien geboren, hatte 5 Jahre lang vergeblich versucht, die Erlaubnis zur Fotografie in der Goldmine von Serra Pelada zu erhalten. Erst nach einer politischen Veränderung, in der die Kontrolle des Gebietes vom Militär an eine Kooperative überging, durfte er den Ort aufsuchen. Er blieb dort länger als einen Monat. Im Gepäck die notwendigsten, einfachen Lebensmittel und 200 Schwarz/Weiß-Filme. Während dieser Zeit lebte er zwischen und mit den Arbeitern, die tagsüber im Schlamm wühlten und nachts in Hängematten unter aufgespannten Planen zum Schutz vor Regen schliefen.
Die Mine in Serra Pelada ist ein riesiges Loch am Rand des Amazonas-Regenwalds, das von Menschen mit einfachsten Werkzeugen gegraben wurde. Zweihundert Meter breit, zweihundert Meter tief, aufgeteilt in Claims von zwei mal drei Meter. Hier wühlten 52.000 Männer täglich im Schlamm, füllten damit Säcke bis zu 40 kg und schleppten das Erdreich über provisorische Leitern bis zum oberen Rand des riesigen Kraters. Hatten die Arbeiter das Glück, auf eine Goldader zu stoßen, stapelten sie die Säcke innerhalb ihres Claims und durften als Lohn einen Sack behalten. Schlamm, harte körperliche Arbeit und Misserfolg, aber auch die Möglichkeit zu Glück und Reichtum lagen für die Arbeiter jeden Tag dicht zusammen. Der Antrieb, weiter zu arbeiten. Hier hat Salgado seine Fotografien mit fast unglaublichen Inhalten, Aussagen und Eindrücken zu körperlicher Arbeit, Gier, Konfrontationen und Enttäuschungen sowie Anspannung und wenig Glück und Freude erstellt. Nachdem die Mine leergeräumt war, wurde sie im Jahr 2014 geschlossen. Bis dahin wurden 30 Tonnen Gold im Wert von ca. 400 Millionen Dollar von den Arbeitern gefunden – die Arbeiter hatten davon jedoch nur einen ganz geringen Anteil erhalten.
Für Salgado war die Dokumentation in der Mine ein Teil seiner Arbeit zur Sammlung an Beispielen harter, körperlicher Arbeit im Industriezeitalter. Das dort Gesehene versetzte ihn jedoch an alttestamentarische Zeiten, wie es zum Beispiel beim Bau der Pyramiden ausgesehen haben könnte.
Erst jetzt, in der Zwangspause wegen eines Beinbruchs, stellte Salgado aus den über 7000 Fotos seine Auswahl für einen Bildband zusammen, der 2019 im Taschen-Verlag unter dem Namen „GOLD“ erschien. Eine Auswahl der darin enthaltenen Fotografien zeigt die aktuelle Ausstellung in der Kölner Galerie Bene Taschen.
Zur Person Sebastião Salgado, der in Paris lebt und arbeitet, könnte ich jetzt seitenlang schreiben, was jedoch im Internet bereits von honorigen Leuten und Begleitern Salgados schon umfangreich zu lesen ist. Nur so viel soll gesagt sein: Viele Fotografien Salgados sind dokumentarischer Art. Mit welchem Blick und Gespür Salgado auch diesen Fotos über die Bildgestaltung und den richtigen Aufnahmemoment die jeweiligen Stimmungen bis zum Betrachter seiner Fotografien transportiert, ist bemerkenswert. Seitdem ich die Dokumentation „Salz der Erde“ von Sebastião Salgado gesehen habe, bin ich dauerhaft beeindruckt. Ein außergewöhnlicher Fotograf, Künstler und Mensch, dem im Verlauf seines Schaffens viele Auszeichnungen und Friedenspreise verliehen wurden. Mit absolut verdientem Recht!
Wie anerkannt und begehrt seine fotografischen Arbeiten sind, beweist die Tatsache, dass viele seiner auf 100 Stück limitierten Doppel-Bildbände zum Preis von 10.000 € längst ausverkauft sind. Auch die in der Galerie ausgestellten Fotografien waren käuflich zu erwerben, Preise zwischen 7.600 € und 54.000 € zuzüglich Steuer, je nach Motiv und Größe.
Für uns vom ExifCafé war es ein Erlebnis, die Fotografien von einem der bedeutendsten, zeitgenössischen Fotografen im Original zu sehen. Verbunden mit dem Glück, diese Gelegenheit in der für uns schnell erreichbaren Stadt Köln wahrzunehmen, die uns nach dem Galeriebesuch mit vielen Motiven auch noch beste Möglichkeiten anbot, selbst fotografisch tätig zu werden. Dazu mehr in einem folgenden Bericht.