Ganz spontan hatte sich Heinz im Forum des ExifCafés gemeldet und mitgeteilt, dass er das für Samstag, den 03.07.2021 angekündigte gute Wetter für einen Besuch des Preußenhafens in Lünen nutzen möchte. Die Frage, ob noch jemand Zeit und Lust hätte mitzukommen, um den schönen, alten Kran abzulichten, wurde ziemlich schnell mehrfach beantwortet. Ob bei den Zusagen auch einer der Teilnehmer an die vielgepriesene Currywurst vom Kiosk im Preußenhafen gedacht hat, wollte keiner ausschließlich bestätigen, es war jedoch ein sehr gutes Argument für die Teilnahme.
Nach meiner Zusage zur Teilnahme habe ich erst einmal im Netz recherchiert, was uns denn im Lüner Preußenhafen an interessanten Ansichten erwartet – außer Currywurst und immer freundlichen Menschen, die echte Ruhrpott-Originale sind. Der Preußenhafen wurde 1925 in Betrieb genommen, als Kohle-Umschlagplatz/Verladehafen für die Zechen Preußen in Horstmar und Gneisenau in Dortmund-Derne. Mitte der 1960er Jahre erfolgte die Hafenerweiterung auf die heute aktuellen Ausmaße. Durch die Zechenschließungen in den 70er und 80er Jahren verlor der Preußenhafen seine Funktion und dadurch immer mehr an Bedeutung. Heute wird er nur noch zu touristischen Zwecken genutzt. 2008 fand der erste Familientag im Preußenhafen statt, der seitdem jedes Jahr wiederholt wird, wenn er nicht, wie im letzten Jahr, coronabedingt ausfallen musste.
Der ’schöne, alte Kran’, wie Heinz ihn im Forum genannt hatte, ist der Mohr-Kran, ein 1962 von der Maschinenfabrik Mohr & Federhaff AG gebauter Wipp-Drehkran, der jetzt schon seit 25 Jahren in Rente ist. Als Ruheständler ist er das regionale Wahrzeichen im Lüner Hafen. Mit der Markierung ’Kanalkilometer 14,1’ hat er jedoch noch immer Signalfunktion für die Frachtschifffahrt auf dem Datteln-Hamm-Kanal sowie Sport- und Ausflugsbote. Mit seiner imposanten Ansicht erinnert der Mohr-Kran an seine Betriebszeit von 1964 bis 1996 und die industrielle Vergangenheit der Kanäle und Häfen am Datteln-Hamm-Kanal.
Wesentlicher Bestandteil des Preußenhafens ist aktuell eine 70 Meter lange und bis zu 11 Meter breite Anlegeplattform, die intensiv von vielen Sport- und Freizeitbooten genutzt wird. Hier darf jeder Skipper bis zu drei Tagen kostenlos festmachen. Wie im Internet zu lesen war, führt um das gesamte Hafenbecken eine breite Kanalpromenade, teilweise gesäumt von einer Lindenallee und umgeben von einer attraktiven Beleuchtungsanlage, über deren Lichtinszenierungen auch der Mohr-Kran bei Dunkelheit farbig illuminiert in Szene gesetzt wird. Im Osten des in Dreieckform angelegten Hafenbeckens überspannt die Dortmund-Lünen-Bahnstrecke den Kanal und direkt hinter dieser Bahnbrücke beginnt das Gelände der Landesgartenschau von 1996. Das waren doch viele Informationen, die Lust auf mehr machten! Darum stellte sich auch schon am Vorabend ein gutes Gefühlt mit vielen Erwartungen für den Photowalk zum Preußenhafen in Lünen ein!
Das Timing unseres Treffens lief perfekt und trotz Schulferienbeginn in NRW und noch einigen anderen Bundesländern gab es auf der A2 keinerlei Störungen oder Verzögerungen. Den Treffpunkt Autohof Aurea in Rheda-Wiedenbrück kennen wir bereits von anderen ExifCafé-Photowalks, von dort aus sollte es gemeinschaftlich mit einem Fahrzeug weiter gehen. Vor lauter Vorfreude hätte ich beinahe vergessen, mein Fahrzeug vor der Weiterfahrt zu verschließen, denn ich saß schon auf dem Rücksitz von Heinz’ Auto, während bei meinem Fahrzeug noch alle Türen aufstanden und der Zündschlüssel noch im Schloss steckte.
Der Weg gehört bei uns – wie immer – schon zum Ziel. Die Zeitspanne bis zur Ankunft in Lünen haben wir uns angeregt unterhalten, unter anderem auch über einen fotografisch geeigneten Standpunkt im Preußenhafen. Ein Luftbild des Preußenhafens half uns bei der Orientierung. Das Navi lotste uns zuverlässig durch Lünen, einen Parkplatz fanden wir in unmittelbarer Nähe des Preußenhafens. Damit wir nicht so viel schleppen mussten, hatten wir den Bollerwagen mitgenommen. Darin wurden Kühltasche mit Getränken, Fotorucksäcke und Stative gepackt und nach einem kurzen Fußweg waren wir am Preußenhafen angekommen.
Bei schönem Wetter mit angenehmer Temperatur konnte man dort auf den ersten Blick viele gut gelaunte Besucher erkennen. Spaziergänger, Radfahrer, Angler, Sportboote und ab und zu schipperten auf dem Datteln-Hamm-Kanal unglaublich lange Frachtschiffe vorbei. Und der Kiosk war auch geöffnet. Wenn es um Currywurst geht, gehen wir kein Risiko ein. Weil der Kiosk angeblich bereits um 18.00 Uhr schließt, haben wir das Angebot rechtzeitig wahrgenommen. Allein für die Currywurst hätte sich die Fahrt zum Preußenhafen schon gelohnt, die war echt gut!
Gleich bei unserer Ankunft hatten wir eine geräumige Bank mit perfekter Sicht auf die ganze Hafenanlage entdeckt, das war unser zentraler Sammelpunkt für unseren Aufenthalt. Nach dem perfekten Hafenmenü war es Zeit, für die nähere Erkundung des Umfeldes. Auf der großen Steganlage, an der auch einige kleine Yachten festgemacht hatten, saßen Besucher und ließen es sich mit einem kühlen Getränk in der Hand gutgehen. An den Rändern des Hafenbeckens demonstrierten Angler ihre Ruhe und Geduld und auch in den angrenzenden Grünanlagen freuten sich die Besucher über den schönen Tag.
Und immer wieder zog der alte Mohr-Kran den Blick auf sich. Schon aus der Entfernung imponiert er mit seiner Größe. Auf massiven Füßen stehend, zwischen denen die Promenade verläuft, mit zwei starken, verbundenen Armen und einem kräftigen Ausleger hat der Kran bis 1996 seine Arbeit verrichtet. Neben dem Kran liegen die riesigen, zwischenzeitlich verrosteten Schaufeln zur Aufnahme der Kohle. Kran und Schaufeln vermitteln auch heute noch die unglaubliche Kraft, mit der viele Jahre die Kohle-Frachtschiffe be- und entladen wurden.
Auf der Promenade, unter dem Mohr-Kran hindurch gelangt man zur Kanalbrücke Bebelstraße, über die man den Datteln-Hamm-Kanal überqueren kann. Ebenso gibt es an der Eisenbahnbrücke, auf der gegenüberliegenden Seite des Hafens auch eine Fußgängerüberquerung des Kanals, man kann also um den gesamten Preußenhafen herumgehen. Unter der Kanalbrücke Bebelstrasse haben ’The Unity Ultras’ ganze Arbeit geleistet, nämlich die gesamte Brückenwand mit ’BVB 09’ in Schwarz/Gelb bemalt. Da haben die Borussia Dortmund-Fans aber ordentlich in Farbe und Arbeitsleistung investiert! Von dort aus hat man auch einen weiten Blick rechts und links auf den schnurgeraden Datteln-Hamm-Kanal, der auch eine der drei Seiten des Preußenhafens bildet.
Für unser fotografisches Vorhaben hatten wir gehofft, den Sonnenuntergang zusammen mit dem Mohr-Kran ablichten zu können. Aber nach und nach bewölkte sich der Himmel zu einem strukturlosen Grau. Eine weitere Enttäuschung erfuhren wir im Gespräch mit einem Einheimischen. Nachdem wir erwähnten, dass wir nach Eintritt der Dunkelheit die Lichtinszenierungen rund um den Hafen und auch den farbig illuminierten Mohr-Kran fotografieren wollten, teilte er uns mit, dass die Lichtshow schon seit langer Zeit nicht mehr existiert. Nach einem größeren Defekt wurde die erforderliche Reparatur an der Lichtanlage nicht mehr durchgeführt, wahrscheinlich wegen der hohen Kosten. Da hatte uns das Internet eine veraltete Information gegeben, die leider nicht aktualisiert worden war. Das war zwar sehr schade, aber unsere gute Stimmung konnte das nicht trüben. Wir haben dennoch am Abend an verschiedenen Standpunkten unsere Stative aufgestellt, die Kameras mit Filtern bestückt und unsere Aufnahmen und Langzeitbelichtungen mit wechselnden Perspektiven gemacht. Die Ergebnisse blieben zwar hinter den erhofften Bildern zurück, aber der Ausflug zum Preußenhafen hat sich dennoch in jedem Fall gelohnt.
Heinz’ spontane Ideen sind immer gut! Sommerlich warmes Wetter hat uns bis in den späten Abend begleitet und der Preußenhafen ist eine echt interessante Location. Entspannte Atmosphäre, Hafenfeeling, interessantes, freundliches Publikum – ich habe schon lange nicht mehr so viele gut gelaunte und lachende Menschen gesehen und natürlich haben auch die leckere Currywurst vom Kiosk und gekühlte Getränke zu einem wirklich tollen Tag beigetragen. In jedem Fall ein sehr gelungener Auftakt zu unseren hoffentlich zukünftig wieder vermehrt stattfindenden ExifCafé-Photowalks und Ausstellungsbesuchen – wenn uns Corona nur lässt!