’Corona’ ist das alles und jeden begleitende Thema in unserer Zeit, das uns schon fast zwei Jahre intensiv beschäftigt und beeinträchtigt. Soweit bekannt, ist die ganze ExifCafé-Gemeinschaft durchgeimpft und einige von uns haben auch schon die Booster-Impfung erhalten. Die meisten haben die bisherigen Impfungen ohne große Nebenwirkungen überstanden, aber dennoch ist es nicht ungewöhnlich, wenn bei dem einen oder anderen nach der Impfung doch einmal ein Tag dabei ist, den man lieber ruhig und zurückgezogen hinter sich bringt. Wir sind jedoch sehr froh, dass bisher alle User des ExifCafés von einer Infektion verschont blieben.
Zum vorletzten Online-Phototalk in diesem Jahr hatten sich die ExifCafé-User wieder vor ihren Monitor gesetzt, um erneut in größerer Runde Spaß am fotografischen Hobby zu haben. Gestartet wurde der Themenkreis mit der Ergebnissichtung zur ausgegebenen Challenge, die dieses Mal ’Minimalistisch’ lautete. Jeder von uns hat zur gestellten Aufgabe schon Bilder gesehen und dazu auch eigene Vorstellungen. Man könnte also meinen, dass das eigentlich relativ einfach ist. ’Weniger’ ist dabei wichtig. Aber wo sind die Grenzen, was ist noch minimalistisch und wann ist es nicht mehr der Fall?
Von vielen Fotografie-Experten findet man dazu Antworten im Internet, die sich hauptsächlich mit Reduzierungen von Bildinhalten beschäftigen. In den verschiedenen Aussagen kann man jedoch auch Spielraum für individuelle Auslegungen erkennen. Eine Zusammenfassung könnte wie nachstehend ausfallen: Ein minimalistisches Foto ist ein augenscheinlich unvollständiges Bild, das erst mit der Phantasie des Betrachters vervollständigt wird. Von den Betrachtern wird ein minimalistisches Bild über die individuelle, subjektive Ansicht jedoch unterschiedlich wahrgenommen.
Eines der wesentlichen Merkmale des Minimalismus ist die Reduzierung der Bildfülle und die Herausstellung der wesentlichen Bildinhalte, die die Kernaussagen der Gesamtkomposition tragen. Das Auge des Betrachters soll auf das Wesentliche gelenkt werden, alle anderen konkurrierenden Bildelemente werden durch die Reduzierung eliminiert. Erreicht wird das durch Einfachheit, klare Linien, Formen oder sich wiederholende Strukturen. Entsättigte oder monochrome Farben bis hin zu Schwarz-Weiss geben dem Bild Ruhe.
Über die Betrachtung unserer eingereichten Bilder zum Thema ’Minimalismus’ haben wir dazu diskutiert:
Beim näheren Hinsehen entpuppte sich das Schwarz-Weiss-Bild mit dem spitz nach oben zulaufenden, weißen Dreieck vor weißem Hintergrund als ein aufmerksam lauschendes, haariges Katzenohr. Der Fokus liegt bei geöffneter Blende f/2.8 und 120mm Brennweite auf nur wenigen, scharf dargestellten Katzenhaaren. Die Konturen des Katzenohrs sind weichgezeichnet, der Hintergrund ist in Unschärfe aufgelöst. Dieses Bild, das auch als Highkey bezeichnet werden kann, ist eindeutig minimalistisch. Nichts lenkt ab, der Bildinhalt ist lediglich auf die Konturen des Katzenohrs reduziert und dem minimal scharf erfassten Bereich einiger Katzenhaare.
Im nächsten Schwarz-Weiss-Foto war für ein minimalistisches Bild sehr viel zu sehen. Weitwinklig mit 21mm Brennweite aus der Froschperspektive aufgenommen, zeigt es das Umfeld der Zeche Gneisenau in Dortmund-Derne im Schnee. Bäume, zwei Fördertürme, eine große Halle, einen vollständig mit Graffitis bemalten Unterstand aus Beton in Form einer Welle und einen alles überragenden Ausleger, an dessen oberen Ende ein Basketballkorb ohne Netz zu sehen ist. Alle abgebildeten Motive sind auf der untersten horizontalen Ebene angeordnet, nur eine dünne Schneeschicht trennt die Motive vom unteren Bildrand. Die Dimensionen der Bildinhalte, außer dem Basketball-Ausleger, erstrecken sich maximal über ein Viertel der gesamten Bildhöhe. Der strukturlose, monoton graue Himmel bildet mit mindestens 80 Prozent Fläche den Gegenpart. Wenn ich nach dem ersten Eindruck noch am Minimalismus dieser Aufnahme gezweifelt habe, bin ich mir jetzt sicher, dass auch hier die Zuordnung stimmt.
Schnell konnte der Minimalismus auch in einem weiteren Schwarz-Weiss-Bild festgestellt werden. Im Hochformat ist auf weißem, fein strukturiertem Untergrund ein vertikaler, mittiger ’Pinselstrich’ mit weißer Aquarellfarbe zu sehen. Die sich wiederholenden Strukturen des Hintergrundes sind visuell schnell ganzheitlich erfasst. An einer Stelle, an der die Aussenseite des Pinsels eine stärkere Farbansammlung hinterlassen hat, ist ein leichter Schatten zu sehen, der den Blick des Betrachters sofort auf sich zieht – mangels anderer, ablenkender Bildinhalte. Und auch das klassische Bildmotiv, ein Zweig mit nur zwei Blättern vor weissem Hintergrund, ausgearbeitet in Schwarz-Weiss, war sehr schnell und zweifellos dem Minimalismus zuzuordnen.
Ein abgestorbener Baum, von dem nur noch der verwitterte Stamm mit einigen stark gestutzten Ästen zu sehen ist, steht auf einem Hügel. Fotografiert wurde der Baum aus niedriger Perspektive gegen den mit Cirruswolken strukturierten Himmel. Der Baumstandort, eine Wiese mit hohen Gräsern, verläuft über eine flache, abschüssige Diagonale zum rechten Bildrand. Am Horizont sind Zaunpfähle mit gespannten Drähten, einige herausragende Büsche und eine Kirchturmspitze zu erkennen. Motivdarstellung in Schwarz-Weiss. Frage: Ist das alles noch minimalistisch? Daran hatte ich echte Zweifel, weil viele Details enthalten und Zeichnung und unregelmäßige Strukturen im gesamten Bild enthalten sind. Nach der intensiveren Informationsaufnahme im Internet bin ich jedoch der Meinung, dass das Hauptmotiv, der abgestorbene Baum das gesamte Bild eindeutig dominiert und die anderen Bildinhalte trotz ihrer Details und Strukturen zurückdrängt. Minimalismus auf den zweiten Blick.
Kann auch ein farbiges Bild minimalistisch sein? Auch dann, wenn es keine monochromen Farben aufweist? Diese Frage stellte sich beim Anblick eines Motivs, bei dem eine ins Wasser gefallene Biene auf der Wasseroberfläche eines Teichs versuchte, sich mit Flügelschlägen aus der misslichen Lage zu befreien. Die Vibrationen der schnellen Flügelschläge erzeugten viele, nach außen größer werdende, kreisrunde Wellen. Die Biene mit ihrem gelb-braunen Körper in der Bildmitte auf grau erscheinender Wasserfläche mit dutzenden kreisrunden Wellen in kurzen Abständen. Auch hier Strukturen über das gesamte Bild – die sich allerdings wiederholen. Die Bezeichnung Farbfoto ergibt sich aus dem geringen gelb-braunen Farbanteil der Biene, der im großflächigen Grau des Teichs jedoch sehr auffällig ist. Weil es nur zwei erkennbare Bildinhalte, Biene und sich wiederholende, kreisrunden Wellen gibt, denke ich, dass auch hier die minimalistischen Regeln zutreffen.
Ebenfalls in Farbe präsentierte sich uns der fotografische Ausschnitt einer steinernen Säule, der über einen Rotfilter bearbeitet wurde. Die Teilansicht zeigt den Aufbau der Säule mit unterschiedlichen geometrischen Formen und Farben. Ein größeres Element der Säule ist mit einem fein strukturierten Ornament ringsum verziert. Besonders auffällig ist die orange-rote Farbe kleinerer Teilelemente in der oberen Säulenansicht, darunter ein bläulich wirkendes Trapezelement, das sich verbindend über das beigefarbene Ornament zum darunter tragenden Säulenstamm darstellt. Der Hintergrund ist durch eine schwarze Vignette ausgeblendet. Trotz aller Erkenntnisse nach Informationen zum Minimalismus bin ich wegen vieler unterschiedlicher Formen und Farben unentschlossen, zumal das Ornament auch noch einen dominanten Stellenwert einnimmt.
Sehr interessant wirkt das ganzheitlich feingliedrige, undurchdringbar erscheinende Baumgeäst vor abgedunkeltem Himmel. Die filigranen Äste sind mit Eis/Raureif überzogen, im Vordergrund zeigt sich der starke Stamm mit einer menschähnlichen Form mit ausgestrecktem (Ast-) Arm, der wegweisend Einhalt gebietet. Trotz oder gerade wegen der über das gesamte Bild ersichtlichen diffizilen, unregelmäßigen Strukturen, die den menschlich wirkenden Stamm über gleiche Strukturen mit einbeziehen, sehe ich diese schwarz-weisse Gesamtansicht als minimalistisch.
Eindeutig minimalistisch zeigt sich ein im Museum Küppersmühle kürzlich aufgenommenes Bild von ’Klingsors Garten’. Grauer Fußboden, großflächige weiße Wand mit den handschriftlich geschriebenen Worten ’Klingsors Garten’. Dazu ein paar größere, schwarze Kohlestücke auf dem Boden, aus deren Mitte ein langer, dünner Sonnenblumenstiel mit einem verblühten Sonnenblumenkorb in die Höhe ragt. Ansicht in Schwarz-Weiss, minimale Bildinhalte. Der Schriftzug zur Erklärung stört mich jedoch etwas, weil er die Phantasie des Betrachters in eine Richtung zwingt.
Minimalismus in der Fotografie – ein tolles Thema, mit dem wir wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen haben, denn zumindest wurde dazu zwischenzeitlich im ExifCafé noch einmal Diskussionsbedarf angemeldet.
Bilder sind die Essenz der Fotografie und getreu dem Motto ’ein Bild sagt mehr als tausend Worte’ transportiert es viele Informationen und vermittelt Eindrücke von Ansichten, die man oftmals selbst nicht real gesehen hat. Sehr gerne sehen wir uns daher gemeinschaftlich im ExifCafé die Bildbeiträge unserer User an, die uns damit an ihren fotografischen Exkursionen teilhaben lassen:
Einige User des ExifCafés haben zwischenzeitlich die Möglichkeit zum Besuch der seinerzeit durch Corona unterbrochenen und jetzt neu gestarteten ’Lichtsicht7’ in Bad Rothenfelde genutzt. Mit 38 Projektoren, 120 Lautsprechern und 130 Scheinwerfern wird der dortige Kurpark aktuell jeden Abend ab 17.00 Uhr der Ort für ein leuchtendes Kunsterlebnis. In der dunklen Jahreszeit sind die hohen Wände der Gradierwerke mit ca. 10.000 Quadratmetern Fläche bis zum 20. Februar 2022 die Leinwand für einzigartige Kunstprojekte. Die winzigen, herabrieselnden Salzkristalle wirken an den Wänden der Gradierwerke wie Prismen, sie verleihen den Projektionen einzigartige Brillanz durch ein metallisches Glitzern. Damit ist die ’Lichtsicht’ eine besondere Kunstform, die nur auf den Bad Rothenfelder Gradierwerken möglich ist. Die von Silvia präsentierten Bilder können natürlich nicht das eigene Erleben ersetzen, aber es war eine sehr gelungene Übersicht dieser Präsentation, die den Anreiz zu einem eigenen Besuch noch verstärkt. Und auch das soll nicht unerwähnt bleiben: An einem Imbissstand im Kurpark ist die allzeit geschätzte Currywurst erhältlich!
Auch Sven präsentierte uns noch einige Bilder von unserem gemeinschaftlichen Besuch der Ausstellung ’Andreas Gursky – Fotokunst aus vier Jahrzehnten’. Die Reflektionen und Spiegelungen im Glas der großflächigen Exponate durch Beleuchtungen und davorstehende Betrachter, waren auch durch unterschiedliche Blickwinkel nicht auszuschließen, aber dennoch sind Svens Fotos sehr schöne Ansichten einer im wahrsten Sinn des Wortes großartigen Ausstellung mit beeindruckenden Bildern von Andreas Gursky.
Seit einigen Jahren gebe ich einige meiner – nach eigener Einschätzung – sehenswerten Fotos, die ich in den Rieselfeldern Windel aufgenommenen habe, zur Bebilderung der Veranstaltungen für das Jahresprogramm an die Biologische Station. Nach wie vor hat die Naturfotografie im kleinen Naturschutzgebiet der Rieselfelder mein besonderes Interesse, das schon seit vielen Jahren unvermindert anhält. Zum Abschluss der Bildbeiträge haben wir uns von der Auswahl der Fotos für die Bio-Station eine reduzierte Auswahl angesehen.
Natürlich gibt es neben unseren Hauptthemen auch immer noch Fragen und Anregungen aus dem fotografischen Alltag, wie zum Beispiel: Wie friert man Wasser ein, damit es klar und durchsichtig wird? Wie kann man Sensorflecken über eine Bearbeitung mit Photoshop deutlich erkennen und entfernen? Wie kann man die Creative Cloud nutzen, um ein Portfolio aus Lightroom direkt zur Adobe Online Plattform Behance zu senden? Oder aber den Hinweis auf ein weiteres sehenswertes Ziel: ZfiL – Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna, im ehemaligen Braukeller der Linden-Brauerei.
Und dass Dieter an den Wänden seiner Wohnung mehrere großformatige Fotografien seiner besten Aufnahmen zeigt, konnte man beim Online-Phototalk auch bestaunen. Sieht sehr gut aus!
Bevor das Kalenderjahr seine Jahreszahl verändert, treffen wir uns am Montag, den 27. Dezember 2021, noch einmal zum Online-Phototalk im ExifCafé. Ein Challenge-Thema gibt es für diesen Termin nicht, denn wir möchten uns sehr gerne jeweils das ’Foto des Jahres’ unserer User ansehen und wissen, warum gerade dieses Bild ausgewählt wurde und welche Geschichte sich hinter dem Foto verbirgt. Die Qual der Wahl wird jeden Einzelnen von uns bei der Auswahl begleiten, denn jeder der sehr aktiven ExifCafé-User hat im Jahr 2021 viele, viele interessante Bilder aus verschiedenen Anlässen aufgenommen…
Am Donnerstag, den 9. Dezember 2021, feierte das ExifCafé seinen zweiten Geburtstag! Die Aktivitäten der ExifCafé-User sind nach wie vor beeindruckend. Zum Geburtstag zeigte die Statistik unseres Forums genau 6.384 Beiträge zu gesamt 648 verschiedenen Themen. Mit 1.517 Bildbeiträgen gibt es auch viel zu sehen und zu diskutieren. Wir freuen uns auch über die gesteigerte User-Anzahl des ExifCafés – mit Katharina, Theresa, Uwe und Jupp sind fotobegeisterte ’Nordlichter’ in unsere Community dazu gekommen, mit denen wir bereits einige gemeinsame Ausstellungsbesuche und Photowalks unternommen haben.
Die ExifCafé-Webseite, wie auch unser Instagram-Account werden von Sven ständig aktualisiert. Unsere Aktivitäten, Ausstellungsbesuche und Photowalks werden, wie auch unsere Online-Phototalks, über Berichte nach außen kommuniziert und signalisieren damit unsere lebendige Fotocommunity. Mit den geplanten Portfolios unserer User werden wir sicherlich noch mehr Aufmerksamkeit und Interesse erhalten.
Für die nächsten Jahre haben wir viele erreichbare Ziele auf unserer Liste, wahrscheinlich mehr, als wir realisieren können. Immer gibt es bei unseren Treffen interessante Tipps, Tricks, und auch praktische Hilfen für bessere Aufnahmen und Svens eigenerstellte Video-Tutorials zum Nacharbeiten haben immer verständlichen Lerneffekt. Langeweile ist im ExifCafé auch zukünftig ausgeschlossen und Spaß steht in unserer Community sowieso immer an erster Stelle!
Also dann auf ein neues, aktives Fotojahr mit viel Spaß und tollen Fotografien im ExifCafé! Mit Euch kann es nur gut werden!