Die jährliche Ausstellung der fotografischen Glanzlichter des gleichnamigen, internationalen Fotowettbewerbs ist für Naturfotografen und Naturfreunde immer ein echtes Highlight. Auf dem Kalender des ExifCafés ist der Ausstellungszeitraum der ‚Glanzlichter 2023‘ vom 18. Februar bis 12. Mai 2024 schon seit langer Zeit eingetragen, die ExifCafé-User hatten den Besuch der Ausstellung für Samstag, den 23. März 2024 abgestimmt.
Wenn in den vergangenen Jahren ein Eintrittsgeld zum Besuch der Ausstellung erhoben wurde, überraschte uns dieses Mal die Information vor Ort, dass jeder Besucher selbst festlegen könne, wieviel ihm der Besuch der Ausstellung wert sei. Den Obolus konnte jeder Besucher selbst in einen aufgestellten Glaskasten stecken, dessen sichtbarer Inhalt bereits auf die ungeteilte Wertschätzung der bisherigen Besucher schließen ließ.
Mit den fotografischen ‚Glanzlichtern 2023‘ findet einer der größten deutschen und internationalen Naturfotowettbewerbe bereits zum 25. Mal statt. Mehr als 340.000 Bilder wurden in all den Jahren der Jury vorgelegt, die Gewinnerbilder wurden bisher rund 400 Mal in Ausstellungen gezeigt. Mit 19.736 Bildeinsendungen von 811 Fotografen aus 33 verschiedenen Ländern zeigte sich für die ‚Glanzlichter 2023‘ erneut das große internationale Fotografeninteresse, das alljährlich bis nach China reicht. Nachwuchsfotografen, die mit dem Junior Award in zwei Altersstufen ihre eigene Kategorie nutzen konnten, reichten 457 Bilder ein und für den Fritz Pölking-Award, mit dem ein herausragendes Bild aus einer Tierkategorie gewürdigt wird, wurden 2.747 Bildeinsendungen berücksichtigt. Steffi Lemke, die Bundesinnenministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist die Schirmherrin des Glanzlichter-Fotowettbewerbs.
Die Jury für die ‚Glanzlichter 2023‘ bildeten Mara Fuhrmann, Naturfotografin und Veranstalterin der Glanzlichter-Fotowettbewerbe und der ‚Internationalen Fürstenfelder Naturfototage‘, Willi Rolfes und Uwe Wuller, Naturfotografen und Vortragsreferenten mit Buch- und Bildveröffentlichungen sowie Gisela Pölking, Fotografen-Meisterin und Naturfotografin, die das Bild für den Fritz Pölking-Award auswählt.
Die Jury bewertete die Bildeinsendungen in nachstehenden Kategorien:
- Magnificent Wilderness – Landschaftsfotografie
- The Beauty of Plants – Pflanzenfotografie
- Nature as Art – Formen, Farbe und Abstraktionen aus der Natur
- Artists on Wings – Vogelfotografie
- The World of Mammals – Fotos von Säugetieren
- Diversity of all other Animals – Fotos von Tierarten außer Vögel und Säugetiere
- Moments in Nature – Bilder von besonderen Momenten in der Natur
- Aerial Views of Nature – Naturfotografien mit dem Multicopter / Drohne
- Junior Award (in zwei Altersstufen / bis 13 Jahre und 14 bis 17 Jahre)
- Fritz Pölking Award
In den genannten Kategorien wurden jeweils zehn Fotografien durch die Jury ausgewählt und daraus die Gewinner jeder Kategorie ermittelt. Das Foto des Kategorie-Gewinners wird in der Ausstellung in der Größe von 46×69 cm, die weiteren neun Highlights jeder Kategorie im Maß von 36×54 cm gezeigt. Ergänzend wird der ‚All Over Winner‘ aus allen Kategorien ermittelt, dessen Foto im besonderen Großformat ausgestellt ist. Das Paderborner Naturkundemuseum bietet der Glanzlichter-Ausstellung alljährlich einen ansprechenden Ausstellungsraum, der den Ausstellungsbesuchern genügend Platz zur ungestörten Betrachtung der 87 Ausstellungbilder gewährt.
Wie schon in den letzten Jahren hat der bekannte Fotodienstleister cewe als Sponsor der Glanzlichter erneut den Druck und die Rahmung der ausgestellten Naturbilder übernommen, die in hervorragender Qualität und Ausstattung die von der Jury ausgewählten Naturbilder bestens in Szene setzen. Immer wieder begeistert mich der im Bild aufgedruckte Passepartout-Rahmen mit seiner plastischen Wirkung. Zu jedem Bild wird der Betrachter über Kategorie, Bildtitel, Aufnahmeort, Fotografenname, Kamera und Exifdaten informiert. Außer cewe sind die Unternehmen Canon, Nikon, Olympus, Sigma, UAV Dach e.V. und AC-Foto unterstützende Sponsoren des Wettbewerbs.
Für mich hat der Glanzlichter-Fotowettbewerb aufgrund seiner Teilnahmebedingungen, die nur eine eng begrenzte digitale Bildbearbeitung der eingereichten Aufnahmen zulassen, einen ganz besonderen Stellenwert. Der Glanzlichter-Fotowettbewerb ist ein ehrlicher Fotowettbewerb und kein Fotobearbeitungs-Wettbewerb. Außer Tonwertkorrektur, Anpassung von Kontrast und Sättigung, Schärfe und Bildausschnitt sind keine weiteren digitalen Bildbearbeitungsschritte erlaubt. Zum Nachweis der Einhaltung der Regeln dient das Original-Foto (bzw. die RAW-Datei), wie von der Kamera aufgenommen, das bei Annahme eines eingereichten Fotos vom betreffenden Teilnehmer angefordert wird. Werden Regelverstöße dabei festgestellt, wird das Foto disqualifiziert. Ich bin ein absoluter Bewunderer von Könnern der digitalen Bildbearbeitung, bevorzuge jedoch bei einem Naturfoto-Wettbewerb die realitätsnahe Darstellung des Fotomoments. Intensive, bildverändernde Bildbearbeitung oder gar der Einsatz von künstlicher Intelligenz sind im Glanzlichter-Fotowettbewerb definitiv ausgeschlossen.
Trotz der Fotobearbeitungseinschränkungen hat auch in diesem Jahr die Ausstellung der ‚Glanzlichter 2023‘ wieder fantastische Ansichten zu bieten. Obwohl ich mit dem Bild ‚Der Wachtposten‘ als ‚All Over Winner‘ nicht vollständig einverstanden bin, weil es halt mehrere einzigartige Aufnahmen in der Ausstellung gibt, bin ich der Meinung, dass die Qualität der diesjährigen Ausstellung einen besonderen Level erreicht. Mark Chen aus den USA hat mit seinem Bild ‚Der Wachposten‘ jedoch die Jury als ‚All Over Winner‘ überzeugt. Eigentlich war der Fotograf am frühen Morgen zu einem Küstenstrand bei Jacksonville aufgebrochen, um einen Sonnenaufgang zu komponieren, aber der Himmel war komplett bewölkt. Der Küste entlang gehend, stieß er auf einen Strandabschnitt mit Treibholzstücken und toten Bäumen. Nur einer der abgestorbenen Bäume war noch fest im Strandsand verwurzelt, wobei ein Großteil der Wurzeln jedoch auch schon freigelegt war. Durch das Hochwasser des Morgens wurde der Baum permanent durch die Wellen umspült. Um die eher düstere Stimmung des Morgens einzufangen, entschied sich der Fotograf für eine Langzeitbelichtung und eine Umwandlung in schwarz/weiß, um eine gewisse Mehrdeutigkeit zu schaffen und dem Betrachter eine offene Interpretation zu überlassen.
Um Zweiflern – wie mir – zu verdeutlichen, warum die Jury sich für dieses Bild als ‚All Over Winner‘ entschieden hat, wurde eine Begründung dazu veröffentlicht: „Uns ist bewusst, dass wir mit dem diesjährigen Gewinnerbild ein Wagnis eingehen. Die Arbeit von Mark Chen besticht durch ihre Reduzierung auf das Wesentliche. Antoine de Saint-Exupéry soll einmal gesagt haben: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Unser Bildautor ist diesem Gedanken konsequent gefolgt. Das Bild ist ein Extrakt und zeigt die Verlorenheit des abgestorbenen Baumes in einer völlig aufgelösten Landschaft. Keine Farbe, keine Struktur, kein zusätzliches Sujet binden die Aufmerksamkeit des Betrachters. Die Kraft dieses Bildes liegt für die Jury in dem Vermögen, über die Gegenständlichkeit hinaus zu verweisen und mithilfe der Sinnbildlichkeit nach der Botschaft zu fragen. Diese Arbeit forscht nach dem Wesentlichen und Elementaren. Eine sterbende Gestalt verliert sich in der Unendlichkeit. Großartig!“
Weil ich der Begründung folgen kann, habe ich dem nichts mehr abzustreiten oder hinzuzufügen. Bis auf das, dass mir einige weitere Bilder in der Ausstellung auch noch sehr gut gefallen. Das Bild ‚Alles fliegt‘ von Zheng Jie, das einen fliegenden Silberreiher in nächster Nähe über einem großen Lachs im aufgewühlten Yungdan Wai See (China) auf der Jagd nach einem kleineren Fisch zeigt, der direkt vor dem Lachsmaul schwimmt, ist ein unglaublicher fotografischer Schnappschuss, der als Gewinner der Kategorie „Artists on Wings“ geehrt wird. Mit ‚Es kommt etwas auf uns zu‘ hat der Gewinner der Kategorie ‚Magnificent Wilderness‘ Paco Costa sein Bild benannt, das einen Ausblick von der Küste Oliva in Valencia, Spanien auf das Balearen-Meer mit einer düsteren Gewitterfront und einem einzelnen Blitz zeigt. Ein fantastisches Stimmungsbild! Als Highlight bewertete die Jury das Bild ‚Naturgewalten‘ von Sandra Eigenheer, die den Vulkan Fagradalsfjall auf der Halbinsel Reykjanes, Island samt Lava als Ganzes einfangen hat. In der Dämmerung kam das glühende Lavafeld besonders gut zur Geltung.
Einer meiner weiteren Favoriten ist das Highlight-Bild ‚Schmetterlingsblüten‘ von Yongqing Bao aus China. Das Bild zeigt mehr als 100 Eros-Bläulinge, die dicht zusammen an wenigen hohen, aus dem Gras ragenden Blütenstängeln sitzen. Sehr schön freigestelltes Hauptmotiv mit farblich passendem Hintergrund, eine Ansicht mit absolutem Seltenheitswert. So etwas in der Natur zu sehen, ist großes Glück – das auch noch so zu fotografieren, ist beneidenswert! Karunarathna Lakshitha aus Sri Lanka, Winner der Kategorie ‚Aerial Views of Nature‘, zeigt mit seinem schwarz/weißen Drohnenbild ‚Perlen der Lagune‘ eine große Formation Rosaflamingos auf der Insel Mannar, die im überwiegenden Bildbereich allesamt in eine Richtung gehen und blicken. Drohnenbilder erzeugen allein durch ihre ungewöhnliche Perspektive schon Interesse und haben über diese Aufnahmemöglichkeit ihren eigenen Look.
Die Beschreibung der Bilder könnte noch vielfach weitergeführt werden, aber wie bekannt, sagt ein Bild mehr als tausend Worte und wer mehr dazu erfahren möchte, der wird bei einem Ausstellungsbesuch garantiert nicht enttäuscht. 87 Bilder mit einzigartigen Motiven, die nicht nur Fotografen, die das Genre Natur-, Tier- und Landschaftsfotografie als ihr fotografisches Lieblingsthema bezeichnen, begeistern, sondern auch alle anderen Fotografen und Betrachter. Darum werden die ExifCafé-User auch bei der nächsten Glanzlichter-Ausstellung im Jahr 2024 wieder im Naturkundemuseum in Paderborn – Schloß Neuhaus dabei sein.
Unsere Natur ist vielen Angriffen ausgesetzt, gegen die sie sich kaum wehren kann. Dabei ist es nicht nur der Klimawandel, der das Verschwinden von großen Teilen der Landschaft und Natur verursacht, sondern auch der vorsätzliche und zerstörerische Eingriff von Menschen in Landschaft und Natur, nicht selten getrieben von Profitgier und ohne jede Rücksicht auf eine für uns so wichtige intakte Natur. „Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“ zitierte einst der britische Naturforscher Charles Darwin, der damit darauf hinweist, dass die Versuche des Menschen, die Natur zu beherrschen, immer nur eine Frage der Zeit ist, denn auch der Mensch ist nur ein Bestandteil der Natur. Dazu passt auch ein Ausspruch von Albert Schweitzer: „Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.“ Leider muss man dem zustimmen!
Nach unserem Ausstellungsbesuch haben wir in Brinkmanns Braterei wieder einen passenden Tisch für unsere Runde gefunden und uns bei Speis und Trank über die Glanzlichter-Ausstellung und viele andere Themen unterhalten. Das nasskalte Wetter mit Hagel und Schneeregen war für anschließende eigene Fotografie nicht geeignet, darum haben wir uns nach dem Restaurantbesuch auf den Rückweg nach Bielefeld begeben.
Die ‚Glanzlichter 2023‘-Ausstellung hat uns wieder einmal gezeigt, was in der Natur alles möglich ist und was man davon mit der Kamera festhalten kann, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Und das ist auch in unseren wohnortnahen Gefilden möglich! Es ist schön, dass wir gerade erst Frühlingsanfang haben und uns in den nächsten Monaten draußen auf viel Licht, Wärme und interessante Motive in der Natur freuen können.
Das war zum Wochenendbeginn wieder ein gelungener Ausflug des ExifCafés mit einer sehenswerten Ausstellung und anschließendem, gemütlichen Beisammensein mit interessantem Austausch und viel Spaß. Gerne mehr davon!