Die Ausstellungsankündigung machte neugierig: „Im Diözesanmuseum Paderborn mit seinem offenen, emporstrebenden Innenraum tritt beider Werk in einen facettenreichen Dialog – mal in faszinierendem Gleichklang, mal in pointierter Gegenüberstellung – zwischen Digital und Analog, bewegtem Bild und Fotografie, Farbe und Schwarz/Weiß. In die Ausstellung sind auch ausgewählte Objekte der Sammlung des Diözesanmuseums einbezogen, die sich so völlig neu präsentieren. Auch einige speziell für diese Ausstellung geschaffene Werke Barbara Klemms und Christoph Brechs werden zu sehen sein.“
Barbara Klemm, 1939 geboren in Münster ist Fotografin und Pressefotografin. Beginnend als freie Mitarbeiterin hat sie ab 1970 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2005 als Redaktionsfotografin der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) gearbeitet. Ihre fotografischen Schwerpunkte sind Motive aus Politik und Feuilleton, ihre Fotografien zeigen ein weites Spektrum der Pressefotografie. Daneben werden ihre Portraits, Landschaften und die kulturellen Eindrücke ihrer Reisen in ihrem Gesamtwerk nicht minder geschätzt. Ihre eigene Fotografenlehre im Karlsruher Portraitatelier Julie Bauer hat Barbara Klemm nachhaltig geprägt, ihre Königsdisziplin ist das Portrait. In vielen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zeigte Barbara Klemm Bilder aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, aus Politik, Kultur und Wirtschaft, sozialer Wirklichkeit, von Demonstrationen, vom Leben der Einwanderer ebenso wie von kulturellen Ereignissen, Massenveranstaltungen und städtischen Räumen. Eines ihrer bekanntesten Werke ist das legendäre Foto vom ‚Bruderkuss‘ zwischen SED-Parteichef Erich Honecker und Sowjetführer Leonid Breschnew aus dem Jahr 1979. Bundespräsident Steinmeier bezeichnete Barbara Klemm anlässlich einer Ehrung als ‚Meisterin des richtigen Moments‘. Sie erhielt viele nationale und internationale Auszeichnungen, unter anderem den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste (2010), den Leica Hall of Fame Award (2012), den Internationalen Folkwang-Preis (2021) und den Fritz-Schwegler-Preis für ihr künstlerisches Schaffen (2021).
Christoph Brech, 1964 geboren, studierte 1989 bis 1995 Malerei. Ende der 90er Jahre wechselte er zum Film und zur Fotografie, arbeitet als Konzeptkünstler. Seine Motive sind nicht arrangiert, seine Bilddateien werden nicht nachbearbeitet. Mit seinem situativen Ansatz schafft er ‚harmonische Kompositionen, wie sie der Zufall bereit hält, für den, der sie sehen kann‘. Seine Werke zeigen sich über großformatige, digitale Farbfotografien und Videoarbeiten, die oft eine Tonspur enthalten. Der Klang ist nie nur Untermalung, Ton und Bild sind immer gleichberechtigte Partner. Der Einbezug von Musik als Ausdrucksform wurde im Verlauf seines Schaffens immer deutlicher. 2011 erhielt Brech zusammen mit der Architektin Nicola Borgmann den Zuschlag für die erste und bisher einzige Videoarbeit für ein Kunst-am-Bau-Projekt in den Parlamentsgebäuden des Deutschen Bundestages in Berlin.
Die Anfahrt zur Ausstellung nach Paderborn wurde – wie immer – mit Vorfreude, bester Laune und interessanten Gesprächen der ExifCafé-Gemeinschaft absolviert. Das Wetter war freundlich und sehr warm, vom Parkplatz bis zum Ausstellungsort war es nur ein kurzer Weg. Die Ausstellung im Diözesanmuseum bietet auf drei Ebenen in Gruppen angeordnete Exponate, die weitestgehend in schwarz/weißer Ausführung mit Passepartout, hinter Glas mit schmaler, heller Holzleiste gerahmt sind, ergänzt durch digitale Farbfotografien und Videoarbeiten von Christoph Brech. Barbara Klemm arbeitet im kleinen Format (30 x 40 cm), ausschließlich in Schwarz/Weiß. Die Entwicklung des Negativs ist ihr für das künstlerische Gesamtwerk von großer Bedeutung, darum vergrößert sie ihre Barytabzüge selbst.
Die Beleuchtung der Bilder oder auch die Spiegelungen in den Glasscheiben zwangen mich mitunter zu unterschiedlichen Ansichtsperspektiven, um die feinen Graustufen der Bilder besser zu erkennen. Die nebenstehenden Bildbeschreibungen waren kurz gefasst, allerdings wurden dem Besucher vor einer Bildergruppe jeweils Hinweise zu den Motiven und Anregungen zur Betrachtung, Bildwirkung oder auch Verbindung der Werke Klemms und Brechs gegeben.
Viele Bilder von Barbara Klemm haben mir gefallen, aber wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich die gedachten Verbindungen von Klemms zu Brechs Werken trotz der Erläuterungen nicht immer nachvollziehen konnte. Insofern haben sich meine Bedenken vor dem Ausstellungsbesuch zum eigenen, mangelnden Verständnis leider bewahrheitet, was ich mir jedoch selbst zuschreibe. Es war mir im Vorfeld bekannt, dass es keine Ausstellung der Pressebilder von Barbara Klemm war und auch von ihrer Königsdisziplin, dem Portrait, waren nur ansatzweise einige Bilder zu sehen. Aber dennoch ist diese Ausstellung und die Art der Kuratierung sehr interessant.
Die Fotogemeinschaft des ExifCafés hat mit dieser Ausstellung eine weitere Facette fotografischer Kunst, verbunden mit Kompositionen von Christoph Brech ‚wie sie der Zufall bereit hält, für den, der sie sehen kann‘ erlebt. Und ich kann über das Gesehene noch weiter nachdenken. Zur ‚Nachbearbeitung‘ der Ausstellung haben wir im Außenbereich des naheliegenden Restaurants ‚La Petite Galerie‘ ein schattiges Plätzchen gefunden, um unseren Ausstellungsbesuch in Paderborn mit stärkenden Speisen und kalten Getränken zu einem rundum gelungenen Tag werden zu lassen.
Es hat wieder richtig schön, einen Tag mit Themen rund um die Fotografie (und mehr!) im Kreis von Gleichgesinnten mit viel Spaß zu verbringen. Bestimmt wird es nicht lange dauern, bis wir ein weiteres, interessantes Ziel ansteuern. Vorschläge dazu gibt es bereits reichlich!