Die Ausstellung ‚Stadtgestalt im Wandel. Bielefelder Baukultur in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung‘, die seit Mittwoch, den 19. Februar in der Kommunalen Galerie des Kulturamtes Bielefeld zu sehen ist, ist ein erster Teil zukünftiger Ausstellungen und Diskussionen, die zur Neuerscheinung des namensgebenden, gleichlautenden Buchprojektes, herausgegeben von Prof. Dr. Andreas Beaugrand und Dr. Florian Böllhoff, stattfinden werden.
Neugierig und nachdenklich machte mich die nachstehend veröffentlichte Aussage: „Die enorme Wirtschaftskraft in OWL schlägt sich in der Stadtentwicklung nieder“, so Andreas Beaugrand. Glück gehabt, könnte man sagen, aber keinen Plan, wie der Herausgeber kritisiert: „Stadtentwicklung wird in Bielefeld eher zufällig oder durch die Wünsche von Investoren angetrieben. Es gibt keine gezielte Stadtentwicklungsplanung, das ist ein Dilemma dieser Stadt.“
In Anwesenheit der Herausgeber Prof. Dr. Andreas Beaugrand und Dr. Florian Böllhoff hielt Prof. Roman Bezjak, Dekan des Fachbereichs Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld die Eröffnungsansprache zur Vernissage. Mehrere Studierende der FH Bielefeld haben die Visualisierung des Themas durch eigene Ansichten, Wahrnehmungen und auch unter Einbezug von Visionen mit etwa 40 ausgestellten Fotografien umgesetzt. Durch jeweils eigene Aktivitäten der Herausgeber des Buchprojektes und auch der FH Bielefeld, die eigene, parallel zum Thema geführte fotografische Arbeiten bereits über einen langen Zeitraum durchführt, hat sich ein zielführendes Zusammenwirken ergeben.
In seiner Ansprache wies Prof. Bezjak bereits darauf hin, dass die Ergebnisse der fotografischen Arbeiten bei Architekten nicht unbedingt Gefallen finden. Die individuellen Sichtweisen der teilnehmenden Fotograf/innen spiegeln sich in den in Gruppen angeordneten Exponaten mit inszenierter und künstlerischer Fotografie, von dokumentarisch bis experimentell. Fotografien in unterschiedlichen Formaten, in Schwarz/Weiß und Farbe.
Motive sind z. B. der freigestellte „Grüne Würfel“ auf dem Kesselbrink von Patrik Fäth, die Handwerkskammer Ostwestfalen Lippe zu Bielefeld von Andreas Jon Grote sowie das Parkhaus im neuen Bahnhofsviertel von Kirill Starodubskij, ein für ihn alltäglicher Anblick, der in zwei nebeneinander angebrachten Bildern, fotografiert aus unterschiedlichen Blickwinkeln, annehmbar und realistisch wirkt.
Die bildliche Darstellung der „Ankergärten“ von Thomas Handke hat mich überrascht, weil der Fotograf seine eigenen Vorstellungen zum Wandel der Stadtgestalt durch manipulative Bildbearbeitung in seine Bilder eingebracht hat. So ist z. B. die Ansicht der freigelegten Lutter ein Teil seines Fotos. Weiterhin zeigen die Motive u. a. den Dürkopp-Bogen, das Technische Rathaus, durch übereinandergelegte Fotos den verfremdeten Personenverkehr auf dem Kesselbrink von Patrick Fäth und auch die „Lenkwerk-City“ mit Teilansichten von Jan Düfelsiek. Aus vielen Besuchen des Lenkwerks sind mir einige Besonderheiten der Architektur bekannt. Die fotografisch engen Ausschnitte von Jan Düfelsiek hatte ich nicht erwartet, sondern eher eine reduzierte Gesamtansicht der unterschiedlichen Gebäudekomplexe der Lenkwerk-City, weil diese meiner Meinung nach geradezu exemplarisch gut zum Thema passt.
Der eigentlich von mir stärker erwartete künstlerische Aspekt steht meines Erachtens nicht betont im Vordergrund der Ausstellung, obwohl mehrere ausgestellte Fotografien durch Bearbeitungen teilmanipuliert sind. Gerne hätte ich mehr zu den modellartig anmutenden Bildern erfahren, die mit einem manipulierten Schärfeverlauf in einer Linie gezeigt werden.
Eine interessante, ansprechende und gut organisierte Ausstellung mit unterschiedlichen Ansichten bereits bestehender Veränderungen der Baukultur, aber auch Visionen und Möglichkeiten, die gewerbliche Baukultur in Bielefeld mit Zeichen unseres digitalen Zeitalters gestaltend fortzusetzen. Ich denke, dass die Erwartungen zum aktuell noch in Arbeit stehenden Buchprojekt noch übertroffen werden, zumal erweitertes Bildmaterial und interessante Texte von kompetenten Autoren erwartet werden dürfen. Neben Beaugrand und Böllhoff werden mit Joachim Wibbing, Gerhard Renda, Bernd J. Wagner und Roman Bezjak weitere Autoren genannt.
Geplante, begleitende Veranstaltungen zur Buchveröffentlichung:
19. Februar bis 30. April 2020 in der Kommunale Galerie im Kulturamt:
Fotografie-Ausstellung zum Buchprojekt „Stadtgestalt im Wandel. Bielefelder Baukultur in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung“, illustriert die Veränderung der Bielefelder Baukultur, visualisiert durch fotografische Portraits von Studierenden der Fotografie und Medien am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld.
12. März 2020 um 13.00 Uhr in der Magistrale der Fachhochschule Bielefeld:
Ausstellungseröffnung mit Panoramafotografie bereits existierender Gebäude des neuen Campus.
27. März 2020 um 18.00 Uhr im Forum des Historischen Museums, Ravensberger Park:
Präsentation einer Art ‚begehbare kleine Stadt‘ / alle Fotos werden auf Bildschirmen gezeigt, im Ravensberger Park werden Plakatwände mit Bildern moderner Stadtarchitektur stehen.
03. April 2020 um 19.00 Uhr im Kulturamt Bielefeld:
Podiumsdiskussion / Prof. Dr. Beaugrand spricht mit den FH-Studierenden Alina Medvedeva, Patrick Fäth, Andreas Jon Grote, Thomas Handke und Bernd Lange
Unseren Ausstellungsbesuch haben wir mit einer sehr unterhaltsamen Nachbereitung des Themas im Green Bowl am Kesselbrink abgeschlossen. Wir hätten es bestimmt noch länger ausgehalten, aber irgendwann wollten die Mitarbeiter in ihren wohlverdienten Feierabend. Die Ausstellung war gut. Ihr wart (wie immer!) gut. Der Tag war gut!