Beim neuerlichen Online-Phototalk des ExifCafés gab es einiges von den zurückliegenden Aktivitäten der User zu berichten und zu sehen.
Die Fotoausstellung von Ragnar Axelsson ‚Where The World Is Melting‘, die aktuell in den Hamburger Deichtorhallen gezeigt wird, wollten sich die User des ExifCafés nicht entgehen lassen. Und weil Hamburg sowieso immer als wünschenswertes Ziel auf unserem Plan steht, wurde der Ausstellungs- und Stadtbesuch für den 18. März 2023 geplant und mit reger Beteiligung durchgeführt.
Die Deichtorhallen Hamburg zählen zu den großen europäischen Ausstellungshäusern für zeitgenössische Kunst und Fotografie. Die beiden historischen Gebäude in der Innenstadt aus den Jahren 1911 – 1913 sind mit ihren offenen Stahl-Glass-Strukturen ein ikonisches Denkmal der Architektur. Das zu den Deichtorhallen gehörende ‚Haus der Photographie‘ wird seit August 2021 grundlegend für über 65 Millionen Euro umgebaut, die Neueröffnung wird voraussichtlich im Jahr 2024 stattfinden. Ende September 2021 wurde mit dem Containerbau ‚PHOXXI‘ – dem temporären ‚Haus der Photographie‘ – eine neue Ausstellungsfläche auf dem Gelände der Deichtorhallen zur Überbrückung der ca. dreijährigen Umbauzeit eröffnet.
Ragnar Axelsson, der 1958 geborene isländische Fotograf, dokumentiert seit mehr als 40 Jahren die Veränderungen der Lebensräume am Rand der bewohnbaren Welt. Seine Informationen stammen aus erster Hand, von den Menschen vor Ort. Seine beeindruckenden Schwarz-Weiß-Bilder zeigen die außergewöhnlichen Beziehungen zwischen Menschen, Tieren und Lebensräumen in der Arktis, Nordkanada, Grönland, Island, Färöer-Inseln, Nordskandinavien und Sibirien, die den dramatischen und komplexen Veränderungen durch den Klimawandel unterliegen.
Was wir vor dem Ausstellungsbesuch nicht so recht auf dem Schirm hatten, war die durch Umbauarbeiten bedingte Schließung der Deichtorhalle ‚Haus für Photographie‘. Dadurch wurde die Ragnar Axelsson-Ausstellung ausgelagert und ersatzweise im mehrstöckigen ‚PHOXXI‘-Containerbau gezeigt. Mit vielen Fotofreunden und anderen Interessierten war die Ausstellung, deren Eröffnung nur einen Tag zurücklag, gut besucht. Trotz mäßiger Außentemperaturen war es in den platzbegrenzten Einzelcontainern sehr warm, was das Wohlgefühl etwas einschränkte. Auch fehlte es etwas an Ruhe und Distanz, um die Bilder bei der Betrachtung intensiver aufnehmen zu können. Dennoch hat sich der Ausstellungsbesuch gelohnt, denn die gezeigten Fotografien Axelssons, durchweg in Schwarz/Weiss gehalten, waren allesamt sehenswert und beeindruckend, auch, wenn die Präsentation in der Ersatzlocation ‚PHOXXI‘ mit einer Kuratierung in den Deichtorhallen nicht zu vergleichen ist. Aber die Bilder haben für den Kompromiss entschädigt. Heinz hat das Fotobuch ‚Where The World Is Melting‘ von der Axelsson-Ausstellung in München schon seit längerer Zeit in seiner Fotobuchsammlung.
Das leicht eingeschränkte Ausstellungserlebnis kann die Stadt Hamburg aber zu jeder Zeit durch eine unbegrenzte Anzahl besonderer Fotomotive ausgleichen. Allein am Dockland kann man sich stundenlang fotografisch mit immer wieder anderen und besonderen Perspektiven befassen, wenn nicht auch noch viele andere Hamburg-Motive locken würden, wie der Stintfang, von dem man gute Sicht hat auf den Pegelturm, einen großen Teil des Hamburger Hafens, die Elbphilharmonie und die St. Pauli Landungsbrücken mit ihrem niemals ruhenden Treiben auf dem Wasser und an Land. Das Spiegel-Gebäude aus Sicht von der Oberhafenbrücke, die Brücken am Baumwall, das Wasserschloss in der Speicherstadt, U-Bahn-Stationen, usw., die ganze Stadt bietet in alle Richtungen fantastische Motive, auch mit außergewöhnlicher Architektur.
Eine Pause wurde in Hamburgs schrägsten Ort, in er Oberhafen-Kantine, eingelegt. Das kleine, schiefe Haus hat tatsächlich schwere Schlagseite auf der Kaimauer in der Stockmeyerstraße. In der Oberhafen-Kantine wird auch heute noch alles selbst gemacht und frisch zubereitet. Eröffnet wurde die Oberhafen-Kantine im Jahr 1925. Im Sinne der ehemaligen Betreiberin Anita, die seit ihrem 12. Lebensjahr 72 Jahre bis zu ihrem Tod 1997 hier gearbeitet hat, soll es auch zukünftig hier gutes, bodenständiges Essen und frischen Kaffee zu angemessenen Preisen geben. Heinz hatte bereits im Vorfeld das für Hamburg typische Labskaus angepriesen, das in der Oberhafen-Kantine besonders gut sein soll. Weil das Labskaus-Gericht nach dem Servieren auch optisch sehr gefiel, wurde die Spezialität auch im Bild festgehalten.
Natürlich waren alle Teilnehmer unseres Phototalks darauf gespannt, die zwischenzeitlich bearbeitete Fotoausbeute der Hamburg-Reisenden zu sehen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich fotografische Ergebnisse vom gleichen Motiv, fast vom selben Standpunkt, zur gleichen Zeit von verschiedenen Fotografen abgelichtet und abschließend bearbeitet, optisch unterscheiden. Unterschiedliche Kameraeinstellungen, verschiedene Objektive und eigene Bearbeitungen führen zu individuellen Interpretationen. Und wie deutlich der Unterschied bei Aufnahmen mit Brennweiten von 12 mm im Vergleich zu 14 mm ausfallen kann, ist auch bemerkenswert. Dieters Laowa 12 mm-Objektiv hat echt gute Ergebnisse geliefert.
Der erneute Hamburg-Besuch war wieder einmal ein tolles Erlebnis und sogar das Wetter hat, entgegen unseren reduzierten Erwartungen, sehr gut mitgespielt. Zu jeder Zeit gute Stimmung, außergewöhnliche Motive und sehenswerte fotografische Ergebnisse. Und weil wir längst noch nicht alles in Hamburg gesehen haben, werden wir schon bald wieder dort sein! Das nächste Mal vielleicht einmal sehr früh zum Sonnenaufgang, um das frühmorgendliche Flair von Hafen und Stadt mit anderen Lichtbedingungen zu erleben.
Nach den Hamburg-Bildern gab es beim Online-Phototalk noch weitere Bilder zu sehen. Ingrid, Inge, Dieter und Sven hatten sich bei einer Zusammenkunft Splash-Fotos zur Aufgabe gestellt. Der Aufbau des Sets hatte es in sich. Neben einem Planschbecken, in dem ein Wäscheständer für die passende „Arbeitshöhe“ sorgte, waren noch mehrere Planen aufgehängt und Handtücher ausgelegt worden, um die Wasserwürfe gegen das jeweilige Motiv außerhalb des Aufnahmebereichs aufzufangen, damit nicht irgendwann der ganze Raum unter Wasser stand. Die Motive / Gegenstände waren eine Afri Cola-Flasche, eine kantige Gin-Flasche, Früchte und auch Miniaturfiguren. Zur Lichtsetzung wurden Blitze, Oktabox und Reflektoren eingesetzt. Der Rest war reine Handarbeit, bei der aus einem Becher Wasser gegen den auf einer schwarzen Plexiglasplatte stehenden Gegenstand geschleudert wurde. So entstanden viele Aufnahmen, jede einzelne davon ist ein nicht reproduzierbares Unikat, auf dem die Wasserspritzer zum und vom Gegenstand abprallend abgelichtet wurden. Je nach Wurfgeschick wird der Gegenstand unterschiedlich vom Wasser umhüllt, bei den besten Fotos ist der Splash gleichzeitig links und rechts neben dem Gegenstand in möglichst ansprechender Formation zu sehen. Um die Bilder nach der Aufnahme optimal zu beurteilen, wurden die einzelnen Fotoergebnisse direkt über Tethered Shooting in Lightroom auf dem Notebook kontrolliert. Eine Aktion, die trotz des Aufwandes zur Einrichtung, Abbau und Trocknung des Sets viel Spaß gemacht und beachtliche Ergebnisse gebracht hat. Dieter hat uns zur Splash-Aktion noch seinen praktischen Photoshop-Workflow demonstriert, bei dem er zwei Splash-Bilder teilweise miteinander kombiniert hat, um den Splash rund um den Gegenstand noch attraktiver darzustellen.
Unsere Kenntnisse erweitern konnte Sven auch bei der Beantwortung von Alfreds Frage, ob und wie man einen Color-Look von der Color-Adobe-Webseite in Photoshop importieren kann, weil die Anzahl der vorhandenen Color Look-up Tables in Photoshop recht überschaubar ist. Sven wies darauf hin, dass der intuitiv angedachte Import nicht funktioniert, aber wie immer, hatte Sven eine Alternative, wie man die Creative Cloud Farblooks schnell und einfach mit deutlich besserer Kennzeichnung übernehmen kann. In einer weiteren praktischen Demo von Sven konnten wir auch noch die Anwendung zum spiegelverkehrten Stempeln beobachten. Gewusst wie – wieder was gelernt!
Schon am Samstag, den 01.04.2023, werden wir vom ExifCafé erneut unterwegs sein, um die Ausstellung ‚World Press Photo 2022‘ im Landesmuseum in Oldenburg (Schloss) zu besuchen. Mit den dort ca. 150 ausgestellten Fotos wird ein realistisches Bild vom Weltgeschehen und deren Geschichten gezeigt. Die World Press Photo Exhibition wird seit 1955 durchgeführt, erstmals sind in Oldenburg auf einer eingerichteten Winner Wall ergänzend alle siegreichen Fotos der zurückliegenden Jahre zu sehen. Beim Besuch in Oldenburg werden wir hoffentlich auch viele unserer ExifCafé-Nordlichter treffen und je nach Wetterlage ist geplant, eventuell noch eine weitere Ausstellung zu besuchen oder auch vielleicht noch an die Küste zu fahren.
Wieder einmal war es ein unterhaltsamer und informativer Online-Phototalk im ExifCafé mit interessanten Bildern, Berichten und Lehrinhalten. Hat Spaß gemacht, so kann (und wird!) es weitergehen!