Mit seinem Vorschlag im Forum, die Milchstraße am Freitagabend über dem Dümmer (Dümmer See nahe Diepholz) zu fotografieren, hatte Heinz eine bisher unberücksichtigte und damit neue Seite unserer fotografischen Themen im ExifCafé aufgeschlagen: Astrofotografie! Seiner Recherche nach sollte am Freitag, den 18.09.2020 ab ca. 22:00 Uhr die Konstellation zur Sicht auf die Milchstraße besonders günstig sein. Und den geeigneten Aufnahmestandort hatte Heinz am Dümmer See auch schon definiert.
Obwohl mich das Thema sehr interessiert, konnte ich seinem Vorschlag aus terminlichen Gründen leider nicht folgen. Dennoch ist aber jeder User des ExifCafés über unser eigenes Forum, beginnend mit der Nennung des Vorhabens und weiter über die Terminierung und Planung, immer informiert und kann die gemeinschaftlichen Vorbereitungen im Detail nachverfolgen. Natürlich sind die fotografischen Ergebnisse später ebenfalls im Forum zu betrachten.
Heinz Anfrage im Forum nach Interessierten, die mit ihm den Versuch zu einem Sternenfoto umsetzen wollten, wurde schnell von Gleichgesinnten beantwortet. Und zwar nicht nur mit „ja“ oder „nein“, sondern mit planerischen Ergänzungen. Für mich stellte sich die Planung schon ziemlich komplex dar. Sven nannte es „ein wenig herumgerechnet“, als er beschrieb, dass sich die Milchstraße am Freitagabend um 23:18 Uhr im 90 Grad-Winkel genau über uns ausbreitet, die Sonne dann bereits bei -30,38° steht, dass der nur 3,3 % große Mond kein störendes Licht abgeben kann und dass die Wettervorhersage keine Wolken für den betreffenden Zeitraum erkennen lässt: Es sollte also mächtig dunkel sein!
Es wurde über die zu nutzende Brennweite und den einzusetzenden Kameratyp geschrieben, wobei Sven seine Canon-Kamera wegen des ungünstigen Rauschverhaltens eher im Nachteil sah. Heinz war sich schon ziemlich sicher, dass er mit seiner Leica SL das richtige Werkzeug hatte. Bezüglich der Brennweite – je weitwinkliger, desto besser – setzt jeder sein weitwinkligstes Objektiv ein. Heinz kann zum Beispiel auf ein 11 mm Fischauge zurückgreifen und Sven auf die 16 mm seines Zoomobjektivs. Ein lichtstarkes Objektiv bietet auch bei der Sternenfotografie den Vorteil, dass es die Belichtungszeit reduzieren hilft und damit die sichtbaren „Sternenspuren“, ausgelöst durch die Erdrotation, mindert. Für sein Equipment errechnete Sven bei 16mm Brennweite und f/5,6 eine Belichtungszeit von rund 19 Sekunden bei akzeptabler Schärfe mit leichten Sternspuren bzw. rund 10 Sekunden für beste Schärfe ohne Sternspuren. Spannend ist dabei die ISO-Zuordnung, die letztlich auch unerwünschtes Rauschen der Aufnahme bewirken kann.
Dieter wollte mit seiner Pentax die kamerainterne Astrotracer-Funktion testen. Dazu erläuterte Heinz: „Die Pentax kann den stabilisierten Sensor bei Astrofotografie entsprechend verschieben, um die Erdrotation in einem gewissen Maß auszugleichen. Da kannst du mit niedriger ISO deutlich länger belichten!“ Wer – außer Heinz – weiß denn sowas?! Mit dieser technischen Besonderheit bietet die Pentax-Kamera in der Astrofotografie natürlich einen großen Vorteil.
Bei der Milchstraßen-Recherche wurde ermittelt, dass das galaktische Zentrum von 21:35 Uhr bis 22:25 Uhr sichtbar und nur sehr knapp (maximal 4°) über dem Horizont zu sehen ist. Übereinstimmend wurde als Aufnahmestandort die Nordseite des Dümmers, bei Eickhöpen, festgelegt. Nach dem Austausch der per App erstellten und abgespeicherten Pläne lagen übereinstimmend alle wichtigen Daten zur geplanten Milchstraßenfotografie am Dümmer vor. Zum besseren Verständnis der Planung über eine App gibt es in unserem Forum für die User des Exif.Cafes einen Link zu einem Video, das die Planung zur fotografischen Aufnahme der Milchstraße verständlich darstellt. Um die vorhandene Lichtverschmutzung für die Region des definierten Aufnahmestandortes und die Darstellung der Milchstraße zum aktuellen Zeitpunkt zu ermitteln, wurden entsprechende Links im Forum gepostet. Gerne wollten unsere Fotografen noch den Sonnenuntergang über dem Dümmer „mitnehmen“, darum wurde der Zeitpunkt für das Treffen in Halle zur gemeinsamen Weiterfahrt auf 17:30 Uhr vereinbart.
Soweit die Theorie – mehr kann man eigentlich nicht vorbereiten, allenfalls ist vorab noch ein Scouting zum geplanten Aufnahmestandort sinnvoll, aber in diesem Punkt vertraute man auf die digitale Vorplanung und Eignung direkt vor Ort. Ob der Himmel zum definierten Aufnahmezeitraum tatsächlich in der Region am Dümmer wolkenlos ist, so, wie es die aktuelle Wettervorhersage angab, weiß natürlich auch niemand ganz sicher. In dieser Hinsicht gehört auch etwas Glück dazu!
Wie man dann bereits nachts im Forum lesen konnte, hat das auch in der Praxis wunderbar geklappt. Alle Teilnehmer waren wie immer mehr als pünktlich am vereinbarten Treffpunkt in Halle. Die anschließende gemeinsame Fahrt an den Dümmer verlief zügig und störungsfrei. Der in der Planung anvisierte Aufnahmeort in Eickhöpen wurde zunächst noch etwas erkundet. Bei der Suche nach dem optimalen Standort standen noch einige „Hürden“ im Weg, die jedoch zielstrebig und schwungvoll genommen wurden. Auf einem vibrationsfreien Bootssteg konnten sich letztlich alle Teilnehmer mit ihren Stativen ungestört positionieren. Danach war dann auch noch Zeit, um Bilder vom Sonnenuntergang am Dümmer festzuhalten.
Die am frühen Abend noch angenehme Temperatur sank nach Sonnenuntergang auf kühle 11 Grad, die sich allerdings in unmittelbarer Wassernähe noch intensiver anfühlten. Die mitgebrachten Taschenlampen sorgten bei zunehmender Dunkelheit dafür, dass die Teilnehmer bei Bewegungen auf dem Bootssteg keine nasse Bekanntschaft mit dem Dümmer machten.
Wie schon als „Beifang“ bei der Internetrecherche zur Milchstraßenfotografie zur Kenntnis genommen wurde, sollte der Überflug der ISS um ca, 21:40 Uhr für ca. 90 Sekunden zu sehen sein – was auch tatsächlich zur Freude der Fotografen pünktlich und sichtbar stattfand!
Die Wartezeit auf intensivere Dunkelheit und damit bessere, kontrastreichere Sicht auf Sterne und Milchstraße vertrieben sich die „Sternengucker“ mit Fachsimpeleien und immer wieder prüfenden Testaufnahmen. Am Horizont waren die Auswirkungen künstlicher Beleuchtungen zu erkennen, die Lichtverschmutzung ließ dort keine intensive Dunkelheit und damit Sicht auf den horizontnahen Sternenhimmel zu. Dadurch schwand auch die Hoffnung, das galaktische Zentrum, das sich nahe über dem Horizont zeigen sollte, zu erkennen. Dennoch staunten die Sternengucker über den immer deutlicher werdenden Sternenhimmel über sich und empfanden die stimmungsvolle Atmosphäre einfach nur beeindruckend und großartig. Alle haben von der sich zeigenden Aussicht auf die Milchstraße ihre Fotos gemacht. Dieter, der an seiner Pentax mit 24 mm Brennweite fotografierte, konnte schon nach einigen Aufnahmeversuchen die Wirkung der technischen Sonderfunktion seiner Kamera auf dem Display erkennen. Die Pentax hatte an diesem Abend klare Vorteile!
Die fotografischen Aktivitäten dauerten bis in die ersten Morgenstunden des neuen Tages. Weil Cafés um diese Zeit natürlich geschlossen sind, aber der Gedanke an einen gemeinsamen (kalorienzuführenden) Abschluss bei allen Teilnehmern vorhanden war, führte der Weg die Sternengucker vor der Heimfahrt noch zum Restaurant mit dem goldenen ‚M‘, das glücklicherweise auch zu fortgeschrittener Stunde noch geöffnet hatte – statt Kuchen mal etwas Deftiges!
Wie bei allen Photowalks des ExifCafés wurde auch das Vorhaben zur Milchstraßenfotografie von allen Beteiligten mit Leidenschaft und auch Ehrgeiz angegangen, wobei der Spaß jedoch nie zu kurz kommt. Für alle Teilnehmer war es der erste Versuch in der Astrofotografie. Erfahrungen in einem neuen Fotobereich zu sammeln, war ebenfalls ein Anreiz für diese nächtliche Exkursion. Heinz hat wahrscheinlich seinen „Astroklar-Filter“ getestet und wird jetzt wissen, ob sich die Anschaffung gelohnt hat und Dieter weiß nach dieser Aktion, dass er über die Astrotracer-Funktion seiner Pentax einen neuen, erfolgreichen Schwerpunkt in seiner Fotografie setzen kann.
Aber es zählt – wie immer! – auch das eigene Erlebnis und deshalb meinte Heinz schon während der Planungsphase: „Im schlimmsten Fall bekommen wir einfach nur einen schönen Sternenhimmel über dem Dümmer!“ Dass dieser nächtliche Ausflug über den fantastischen Sternenhimmel hinaus viel mehr gebracht hat, zeigen allein schon die ersten im Forum geteilten Fotos! Und beim nächsten „Sternenausflug“ bin ich bestimmt selbst dabei!