Als im Jahr 1938 die Bauarbeiten am Stadtholz in Bielefeld für das Bekleidungsamt der Luftwaffe begannen, hat niemand daran gedacht, dass auf diesem 62.000 m² großen Areal einmal die Lenkwerk-City mit einer besonderen Architektur mit markanten Fassaden und ein außergewöhnlicher Treffpunkt für Oldtimer-Freunde entstehen würde. Nach dem Krieg wurde das Gebäude bis 1992 von der Britischen Rhein-Armee als eines ihrer wichtigsten Nachschublager und Logistikzentrum in Deutschland genutzt. Im Jahr 1994 wurde der Gebäudekomplex als „steinernes Zeitzeugnis“ unter Denkmalschutz gestellt.
Projektentwickler, Visionär und Investor Christoph Borchard gestaltete mit seinen Vorstellungen in wenigen Monaten Umbauzeit über eine aufwändige Totalsanierung des baufälligen Komplexes eine einmalige Anlaufstelle für Oldtimer-Enthusiasten und Automobilfreunde aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Im Juli 2011 wurde das Lenkwerk mit einem großen Eröffnungsevent eingeweiht.
Heute präsentiert sich das Lenkwerk als Feierstätte, Tagungs- und Eventlocation und als Anbieter von Büros, Seminarräumen und Hot Desks. Im Lenkwerk Bielefeld haben sich aktuell ca. 30 Mieter aus verschiedenen Branchen angesiedelt. Das Erdgeschoss mit der historischen Eventhalle steht ganz im Zeichen der Young- und Oldtimer. Hier sorgen zahlreiche Händler mit verschiedenen Automarken für immer wechselnde Ausstellungen von interessanten Fahrzeugen. Fachwerkstätten und Spezialisten für Fahrzeugrestaurierungen stehen mit ihrem Wissen und praktischen Arbeiten für einwandfreie Funktion und ein optimales Erscheinungsbild der Fahrzeuge zur Verfügung. Wer selbst Eigentümer eines historischen Fahrzeugs werden will, der findet im Lenkwerk garantiert den richtigen Ansprechpartner für seinen Oldtimer-Wunsch. Und natürlich können auch verschiedene Oldtimer-Typen für eigene Zwecke gemietet werden. Sehr passend zum automobilen Thema befindet sich auf dem Lenkwerk-Gelände auch eine Niederlassung des amerikanischen Motorradherstellers Harley Davidson. Deren Kunden und Motorradfreunde bereichern die Lenkwerk-Aktivitäten bei vielen Anlässen mit ihren anschaulichen Bikes.
Die öffentlichen Lenkwerk Oldtimer-Veranstaltungen sind für Besucher kostenlos. Bis zu 7.000 interessierte Automobilfreunde kommen gerne und immer wieder zu den Oldtimer- und Autoausstellungen – einer davon bin regelmäßig ich!
Seit meiner Jugend haben Oldtimer und Automobile allgemein eine große Anziehungskraft auf mich, darum bin ich auch sehr gerne im Lenkwerk zu den jeweiligen Motto-Veranstaltungen. Wo sonst schon kann man so viele interessante Oldtimer und auch aktuelle Automodelle der exklusiven Automarken sehen? Und das bei immer sehr gut organisierten Events, bei denen jeder Aussteller und Besucher seinen Spaß haben kann. Das Interesse der Oldtimer-Besitzer, ihr altes Schätzchen im Lenkwerk zu präsentieren, ist riesengroß und darum kommen sie mit ihren Fahrzeugen aus ganz Deutschland ins Lenkwerk nach Bielefeld. Hier werden Kontakte unter Oldtimerbesitzern geknüpft und Kenntnisse und Tipps getauscht, die so manches technische Problem beheben und die Ersatzteilbeschaffung für den eigenen Oldie erleichtert.
Bereits im Frühjahr lockt die erste Open-House-Veranstaltung mit dem ‚Season Opening‘ die Oldtimer-Freunde aller Automarken ins Lenkwerk. Mit dem ‚Porsche Day‘ und dem ‚BMW Day‘ haben diese beiden Automobilmarken ihre jeweils eigenen Eventtage, an denen sich die Ausstellung und der Austausch von Ausstellern und Besuchern weitestgehend markenbezogen darstellen. Die Vielfalt der ausgestellten Oldtimer dieser beiden Automobilhersteller ist immer wieder begeisternd!
Besonders interessant ist für mich immer wieder der ‚British Day‘. Die sportlichen Oldtimer-Modelle haben besondere ‚Gesichter‘ und deren Besitzer / Fahrer sind weitestgehend auch selbst die Schrauber, die sich sehr gut mit der Technik ihres Fahrzeugs auskennen. Eine härtere Federung oder das Klappern von irgendwelchen Teilen, die diese Geräusche erzeugen, werden einfach ignoriert, solange es nicht die Mobilität betrifft. Hier zählen allein der sportliche Ansatz und die Liebe zum britischen Fahrzeugtyp. Aber natürlich gibt es auch die Oldtimer der exklusiven Marken wie Rolls Royce, Bentley und Jaguar, deren Besitzer und Fahrer Wert auf Image, Komfort und Gediegenheit legen. Aktuelle Sportwagenmodelle von Mc Laren, Aston Martin und anderen exklusiven Marken präsentieren Design und ausgefeilte Technik der Gegenwart.
Beim ‚Italian Day‘ stehen Automarken wie Ferrari, Lamborghini und Maserati in altem und neuem Design im Mittelpunkt. Vollendetes Design, sportliche Eleganz gepaart mit kraftvoller Leistung! Aber hier stehen auch die Lancias und Alfa Romeos aus den 60er und 70er Jahren und der kleine Fiat 500, das sparsame Raumwunder! Im Herbst findet mit dem ‚Season Closing‘ das letzte Oldtimertreffen des Jahres mit allen Herstellermarken im Lenkwerk statt. Wer danach nicht bis zum nächsten Frühjahr auf das ‚Season Opening‘ warten will, kann sich jeden dritten Donnerstag im Monat beim ganzjährigen Young- und Oldtimer-Treffen mit den Oldtimer-Freunden am Lenkwerk-Stammtisch austauschen. Das Mottotreffen der Freunde von amerikanischen Automodellen, der ‚American Day‘ ist in diesem Jahr nicht dabei. Schade, denn die riesigen Karossen mit dem großen Hubraumvolumen und den oftmals überdimensionalen Heckflossen sorgen allein schon mit ihrem Sound für Aufmerksamkeit.
Am 18. Juni 2023 fand der ‚British Day‘ im Lenkwerk statt. Mit reichlich Vorfreude habe ich mich auf den Weg gemacht, in der Hoffnung, wieder einmal einige sehenswerte Szenen mit Oldtimern und Schraubern im Bild festhalten zu können. Das Wetter meinte es zu gut, die 33 Grad hätte es wirklich nicht gebraucht. Zum Fotografieren war das harte Sonnenlicht nicht gut geeignet, die Schatten und Reflektionen im Lack der Fahrzeuge sorgten oft für Irritationen der Belichtungstechnik. Die vielen interessierten Besucher, die natürlich auch die Fahrzeugausstattung im Inneren der Oldtimer sehen wollten, lassen kaum Möglichkeiten zu, einmal ein Fahrzeug ohne Personen im Bild abzulichten und fotogene Oldtimer stehen auch nicht unbedingt dort, wo das Umfeld oder der Hintergrund gut passen würde. Das muss man halt so nehmen, wie es sich darstellt. Dennoch bieten Fahrzeugdetails der Oldtimer, wie zum Beispiel Karosserielinien, Markenembleme, Kühlerfiguren, Speichenräder, Armaturen, Lampen und Rückleuchten immer wieder interessante Ansichten.
Die Besuchszeiten der Mottoveranstaltungen sind jeweils von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Wenn sich ab 15.00 Uhr das Ausstellungsgelände so langsam leert, weil viele Autoaussteller noch eine längere Heimreise vor sich haben, dann gibt es – wenn man Glück hat – doch vereinzelt noch Möglichkeiten, einen Oldtimer einmal freistehend und ohne Personen zu fotografieren. Darauf zu warten lohnt sich, getreu dem Motto: Das Beste zum Schluss!
Wie viele britische Automarken sind uns geläufig? Wahrscheinlich würden die meisten von uns nur fünf oder sechs Marken nennen können. Auf dem ‚British Day‘ habe ich gesamt 24 verschiedene Automarken gesehen: Alvis, Austin, Austin-Healey, Aston Martin, Bentley, Common, Jaguar, Jensen-Healey, Landrover, Lomax, Lotus, Marlin, McLaren, MG, Mini, Morgan, Morris, Panther, Riley, Rolls Royce, Rover, Triumph, TVR und Wolseley. Darüber hinaus gibt es noch weitere britische Automarken, die dieses Mal jedoch nicht auf dem Ausstellungsgelände dabei waren.
Zum Abschluss des ‚British Day‘ habe ich noch den neuen Showroom im fertiggestellten Gebäude Lenkwerk No. 1 besucht, der für Besucher erstmals geöffnet war. Dort standen drei Modelle des legendären Mercedes 300 SL mit geöffneten Flügeltüren – ein tolles Highlight zum Abschluss dieser Oldtimer-Veranstaltung!
Es macht einfach Spaß, bei den Lenkwerk-Mottotreffen die historischen Fahrzeuge zu sehen und an der Freude der Autointeressierten teilzuhaben. Oft hört man auch „das war mein Erster“ oder „den hatte ich auch mal“, wenn es um Fahrzeuge aus den 60er, 70er oder nachfolgenden Jahren geht. Da werden Erinnerungen an Fahrzeugeigenarten, Ausflüge und auch an Pannen wach – über die man heute natürlich lachen kann!
Automobile zurückliegender Zeiten haben noch Gesichter, denen oft auch der Charakter des Fahrzeugs (…und dessen Besitzers!) nachgesagt wird. Im Innenraum waren die Bedienelemente Fensterkurbel, Schalter, Hebel und Knöpfe allesamt mechanisch. Die Fahrzeugtechnik hat sich bis heute gravierend geändert und befindet sich mit der Digitalisierung und Elektrifizierung in einem wesentlichen neuen Schritt. Aber wann immer ein Oldtimer im Straßenverkehr auftaucht, sieht man lachende und zustimmende Betrachter, die sich gerne an diese Fahrzeuge erinnern.
Irgendwann werden auch unsere aktuellen Fahrzeuge einmal Oldtimer sein. Werden die Menschen dann auch noch genau so viel Spaß an den glatten, windschnittigen Karosserien haben, die nach den Vorgaben aus dem Windkanal gebaut wurden und irgendwie alle in wesentlichen Karosserieteilen gleich aussehen? Oder gibt es Oldtimer zukünftig vielleicht nur noch in Museen, weil ein digitalisiertes Fahrzeug nur noch Support für maximal 20 Jahre erhält und danach fehlende Updates den Antrieb und die Technik lahmlegen?
Bleibt abzuwarten – ich freue mich jedoch schon heute auf das nächste Lenkwerk-Oldtimer-Event, wenn motorisiertes, altes Blech und ihre Schrauber wieder im Mittelpunkt stehen!