Heinz Wille war bereits mehrfach als guter Ideengeber für Photowalks des ExifCafés im Ruhrgebiet tätig. Als Kenner des Ruhrpotts hat er dort bereits viele interessante Locations besucht und fotografiert. Seinem Vorschlag, einen Photowalk zum ThyssenKrupp Hauptquartier in Essen durchzuführen, haben wir daher ohne zu zögern zugestimmt.
Weil wir am Samstag vor Pfingsten bereits den Besuch der Ausstellung „GOLD“ mit Photographien von Sebastião Salgado in Köln durchgeführt hatten, haben wir kurzentschlossen den Pfingstsonntag ab 14.00 Uhr für unser neuerliches Vorhaben reserviert. Nach pünktlichem Zusammentreffen der ExifCafé-Teilnehmer um 14.00 Uhr auf dem Autohof Herzebrock-Clarholz ging die Fahrt gleich weiter. Wie nicht anders zu erwarten, hatte Heinz noch einen Zwischenstopp bei einer weiteren Location vorgesehen: Zeche Ewald – ein stillgelegtes Steinkohlenbergwerk in Herten.
Dort angekommen, hat außer den hohen Fördertürmen der alten, ausgedienten Zeche Ewald auch die Aussichtsplattform auf der gegenüberliegenden Halde Hoheward sofort die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Während ein Teil unserer Gruppe nach Besichtigung rund um die alten Förderanlagen die Gelegenheit einer Pause im Ewald Café vorzog, habe ich mich über die „Himmelsstiege“ mit den vielen Metallstufen auf den Weg zur Plattform und noch ein Stück darüber hinaus gemacht. Schon von der Plattform hat man einen tollen Ausblick auf die Zechenanlagen und einen weiten Blick über das Umland. Dafür hat sich der Aufstieg gelohnt!
Neben den „normalen“ Fotos wollte ich über eine Langzeitbelichtung die letzte Wolke über den Fördertürmen festhalten, was mir jedoch wegen einer Verwechslung von Schwarz und Weiß (mehr möchte ich dazu nicht ausführen…) nicht gelang. Das hat bei der Berichterstattung nach dem Abstieg für viel Spaß gesorgt – vor allem bei den anderen Teilnehmern, aber auch ich musste letztlich darüber lachen! Besonders hat mich auch gefreut, einen seltenen Oldtimer auf dem Gelände der Zeche Ewald vorzufinden, mit dem ein Besucher gekommen war. Einen schönen, sehr gut erhaltenen DeSoto Custom, Baujahr aus den 50ern, den ich natürlich mehrfach ablichten musste.
Nach einem gemeinsamen fotografischen Rundgang durch die Zechenanlage Ewald fuhren wir dann zwecks Abendessen zum LaPaDu (Landschaftspark Duisburg). Mit etwas Verwunderung, aber großer Freude, haben wir in nächster Nähe einen freien Parkplatz gefunden und in der gewählten Gaststätte auch sofort einen freien Tisch bekommen. Alles perfekt! Und weil es so gemütlich war, sind wir mit leckerem Essen und guter Unterhaltung bis 19:30 Uhr dort geblieben, um anschließend nach Essen, zum ThyssenKrupp Hauptquartier zu fahren.
Thyssenkrupp – Industriegeschichte über 200 Jahre,
weltweit 163.000 Mitarbeiter und 42 Milliarden € Umsatz (Stand 2019).
Das ThyssenKrupp-Hauptquartier ist die Konzernzentrale der ThyssenKrupp AG im Westviertel der Stadt Essen. Das Quartier wurde genau auf dem Grund gebaut, auf dem Krupp beginnend mit der Guss-Stahlfabrik in Essen das Stahlimperium aufgebaut hat. Architekten von Chaix & Morel et associeés und JSWD Architekten gewannen den 2006 von ThyssenKrupp ausgeschriebenen Architekturwettbewerb zur Erstellung des Hauptquartiers. Mit der Eröffnung des ThyssenKrupp Quartiers am 17. Juni 2010 wurde der bisherige Konzernsitz von Düsseldorf nach Essen verlegt.
Im Hauptgebäude – auch Q1 genannt – sind ca. 500 Mitarbeiter der Konzernspitze tätig. Das 50 m hohe Gebäude mit 14 Etagen und dem durchsichtigen „Loch“ aus Glas in der Mitte hat die Besonderheit, dass die 25 x 28 m große Glaswand weder steht noch hängt, sondern ähnlich wie bei einem Tennisschläger vertikal und horizontal aufgespannt wurde. Sie besteht aus 96 Weißglasscheiben, die unter Windbelastung bis zu einem halben Meter nachgeben. Das Hauptquartier besteht aus 13 Gebäuden, inklusive einem Parkhaus und einer betrieblichen Kindertagesstätte „Miniapolis“, in der ca. 100 Kinder von Mitarbeitern und Bewohnern angrenzender Wohngebiete betreut werden. Vor dem Zentralgebäude Q1 liegt ein 4800 m² großes, langgezogenes Wasserbecken, das mehrere Verbindungsstege enthält, die die einzelnen Gebäudezugänge miteinander verbindet. Rund um die Gebäude gibt es weite Grünflächen mit vielen bei der Errichtung neu gepflanzten Bäumen. Zur Kennung der einzelnen Gebäude befinden sich auffällige kubische Wegweiser an jedem Gebäudezugang.
Das alles ist einen Photowalk zum Thyssenkrupp Hauptquartier unbedingt wert, mit diesem Vorschlag hat Heinz uns zu einer fantastischen Location geführt. Schon aus der Entfernung, in der ersten Ansicht noch während der Anfahrt verdient sich das Hauptquartier große Anerkennung. Ein toller Anblick, den wir bei einer Rundumfahrt erst einmal komplett mit allen Sinnen aufgenommen haben. Ein Parkplatz in unmittelbarer Nähe war schnell gefunden, danach ging es unvermittelt in den Vorraum des Hauptgebäudes, um auf einem der Stege im Wasserbecken die Stative zu positionieren. Bis zum Sonnenuntergang um kurz nach 21:30 Uhr hatten wir ausreichend Zeit, Perspektiven zu prüfen und auch schon vorab zu fotografieren. Das komplette Areal wirkt sehr gepflegt. Gebäude, Wasserbecken und Grünanlagen sind in sehr gutem Zustand. Und die glatten Stein-Bodenplatten glänzten in der Sonne, als wären sie kurz zuvor gesäubert worden. Große, liegende Steinquader bieten sich als Sitzgelegenheiten rund um das Wasserbecken an und der Blick auf das Hauptgebäude mit der durchsichtigen Glaswand ist einfach nur grandios!
Auffällig war, dass sich nur wenige, einzelne Personen auf dem frei zugänglichen Betriebsgelände aufhielten. Etwas irritiert waren wir auch, als uns einheimische Passanten fragten, was wir denn hier fotografieren wollten und was daran besonders wäre. Damit könnte man auch den Begriff „Betriebsblindheit“ erklären. Wir haben uns aber richtig gut mit den vorbeikommenden Passanten unterhalten, die danach wussten, wie außergewöhnlich ihr alltäglicher Anblick für uns war. Nachdem um etwa 21.00 Uhr eine Dreiergruppe junger Männer an uns vorbeigegangen war, kam einer von ihnen kurze Zeit später zu uns und fragte Heinz, ob er ein Foto von ihm machen könnte. Konnte Heinz natürlich! Und was für eins! Oder besser: was für zwei! Ein Portrait und eines der ganzen Person mit dem Hauptgebäude im Hintergrund. Tolles Foto mit schöner Geschichte! Der junge Mann wird sich nur wundern, wenn er das Foto in Schwarz/Weiß erhält. Aber da kann er Heinz vertrauen: Es ist die bessere Alternative! Sah schon auf dem Display saustark aus!
Den Sonnenuntergang hätten wir uns liebend gerne durch die Glasscheibe des Hauptgebäudes gewünscht, tatsächlich ging die Sonne jedoch im 90 Grad-Winkel zum Hauptgebäude hinter dem linken Nebengebäude unter. Der wolkenlose Himmel hatte hinter dem Hauptgebäude keine Zeichnung, aber einen schönen Verlauf der Farbe von links nach rechts. Ab 22:30 Uhr belebte sich der Vorplatz mit Spaziergängern, einige junge, etwas „stärkere Modells“ platzierten sich auf einem der Stege im Wasserbecken, um sich, etwas lauter und dauerhaft kichernd, gegenseitig mit dem Handy zu fotografieren. Ein Fotofan aus Bottrop kam auch noch mit seiner filterbestückten Kamera auf dem Stativ zu uns. Er war bereits öfters bei dieser Location, aber sein bestes Bild hatte er noch nicht gemacht. Mit ihm haben wir uns auch ausgetauscht, vielleicht erhalten wir von ihm noch einige „Insidertipps“ von sehenswerten Motiven aus seiner Region.
Dieser ganze Abend war besonders. Entspannte Fotografie in einer außergewöhnlichen Location. Das ausklingende Tageslicht, die Suche nach besonderen, interessanten Perspektiven und Bildausschnitten unter Einbezug der Linien von Stegen und Bodenplatten mit Blick auf die zwischenzeitlich beleuchteten Gebäude und Umgebung. Gemeinsam oder individuell jeder für sich, mit Nutzung niedrigster Kamerapositionen kurz über der Wasseroberfläche oder den Bodenplatten. Immer wieder auch mal mit einem Blick auf die Kameradisplays der anderen, um zu sehen, wie sie es machten. Oder auch, sich einfach einmal gedankenlos der eindrucksvollen Umgebung zu überlassen.
Als gegen 24.00 Uhr das letze Foto „im Kasten“ und jeder sein Equipment wieder wohlbehalten in den Fototaschen verstaut hatte, haben wir gemeinsam noch eine gute halbe Stunde auf einem noch von der Sonne aufgewärmten Steinquader gesessen und die noch übriggebliebenen Schokoladenkuchen-Stücke und Kirschen aus eigener Ernte verdrückt, die Silvia mitgebracht hatte. Dazu noch den besonders gesunden Saft, den Heinz beigesteuert hat – dafür vielen Dank euch Beiden!
Dann war da noch der Inline-Skater, der plötzlich mit mindesten 50 bis 60 km/h seine Bahn auf der uns gegenüberliegenden Seite zog und so schnell verschwand, wie er aufgetaucht war.
Es war schon eine besondere Atmosphäre in dieser Zeit und Umgebung, mit der dieser Photowalk zum ThyssenKrupp Hauptquartier abschloss. Die Rückfahrt nach Bielefeld verlief ruhig und ziemlich flott, aber der Letzte von uns wird sein Bett dennoch erst gegen 2.00 Uhr morgens erreicht haben. Aber dieser Ausflug war es wert!
Und an das Kichern der drei Nana-ähnlichen Modells, die es fast so lange wie wir ausgehalten haben, werde ich mich auch noch lange erinnern…